Kaffee, Tee und ein Blümchen bietet die Bahnhofsmission

Die Bahnhofsmission in Krefeld bietet Gespräche für „Gäste“ und Hilfe für Reisende.

Foto: Andreas Bischof

Krefeld. „Gitarre zu spielen, finde ich nicht so langweilig wie Zigaretten zu rauchen“, sagt der Mann mit der Gitarre und der Nikolaus Mütze, der in der Krefelder Bahnhofsmission gerade genussvoll seinen Kaffee trinkt. Nennt mich einfach „Rambo“, meint er, und schiebt nach kurzem Überlegen seinen Namen nach: Volker Leppack. Er kommt seit zwei Jahre oft zur Pause in die Mission: „Liegt einfach am Weg.“

Foto: Andreas Bischof

Volker Leppack ist „Gast“ - und das sind alle in der Bahnhofsmission. Ute Clevers, Sozialpädagogin und Leiterin der Station: „Wer hier reinkommt, wird freundlich begrüßt. Er ist Gast. Wir sprechen ihn mit ,Sie’ und mit Namen an.“ Ihre Gäste würden den ganzen Tag nur Ablehnung erleben: „Hier nehmen wir sie als Menschen wahr.“

Foto: Andreas Bischof

Etwa 60 Gäste kommen pro Tag. Gezählt werden nicht Personen, sondern Kontakte. Die Zahlen sind interessant. Sind es 2012 „nur“ 9000 Kontakte, so werden 2013 schon 12 000 gezählt. Am Stichtag 31. Oktober 2014 listet die Mission bereits 16 000 Kontakte auf.

Unterdessen unterhält sich „Rambo“ mit der ehrenamtlichen Mitarbeiterin Tatjana Wirtz (Clevers: „25 Ehrenamtliche arbeiten für uns.“). Auf dem Tisch steht der obligatorische Kaffee, ein Teller mit Keksen, liegt eine rote Serviette, darauf ein Weihnachtsstern — natürlich nicht aus Plastik: „Für uns ist wichtig, dass auf jedem Tisch eine frische Blume steht. Wir wollen, dass es nett ist“, sagt Ute Clevers.

Der erste Kaffee oder Tee ist frei. Den Zweiten sollen die Gäste bezahlen, auch wenn sie nur wenige Cent in der Tasche haben. Herrscht da Ebbe, sammeln sie halt einfach Leergut ein. Ein paar Cent bringt das immer. Die Kekse stammen zum Teil aus Spenden. „Wir haben eine Dame, deren Namen wir nicht einmal kennen, die backt einmal im Monat Plätzchen für uns. Kommt einfach vor bei und sagt: Diesmal hab ich Makrönchen gemacht“, freut sich Ute Clevers: „Das ist einfach ’ne Nette!“

Und die Leiterin ist bei dem Thema immer auf der Suche nach netten Menschen. Pro Tag braucht die Bahnhofsmission ein Paket Kaffee, rund 365 Pakete pro Jahr. Drei oder vier Mitbürger gibt es in der Stadt, die regelmäßig einmal im Monat ein Paket Kaffee spendieren. „Wir nehmen aber auch Milch und Zucker“, schiebt Clevers hinterher.

Bis zu diesem Punkt entspricht die Bahnhofsmission, die in Krefeld von der Diakonie getragen wird, dem gängigen Klischee. Doch sie ist mehr. Vergeblich sucht man auf den Bahnsteigen die Servicekräfte der Bahn mit den roten Mützen. Ute Clevers schmunzelt: „Die ,Rotkäppchen’ gibt es schon seit 2006/2007 nicht mehr.“ Unten im Gebäude verkauft die Bahn Fahrkarten, an den Gleisen sind die Passagiere oft auf sich allein gestellt oder auf Lautsprecher-Durchsagen angewiesen: „Für die, die nicht mehr weiter wissen, sind wir der Ansprechpartner.“

Das ist der Bereich „Reisehilfen“: „Wir haben eine Frau, die muss regelmäßig von Krefeld zur Therapie nach Duisburg. Sie hat allerdings Angst im Zug. Die begleiten wir dann bei der Fahrt.“ Wenn’s komplizierter wird, macht sich das deutschlandweite Netzwerk der von den großen Kirchen getragenen Bahnhofsmissionen bezahlt: „Da ist die Frau, die eine Mutter-Kind-Kur im Schwarzwald bekommen hat. Sie fährt mit der Bahn, hat ihre Koffer und drei Kindern dabei. Wir helfen auf den Umsteigebahnhöfen“, erläutert Clevers. Die Krefelder Mission unterrichtet dann zum Beispiel die Frankfurter und die Freiburger Kollegen, die beim Umsteigen unterstützen. Die Helfer tragen allerdings keine Koffer: „Wir kümmern und um die Kinder, besorgen einen Gepäckt-Tansportwagen.“

Die freiwilligen Helfer werden nicht einfach so auf die Menschheit losgelassen. Sie werden intensiv in Gesprächsführung, den Umgang mit Ausländern, der Geschichte der Mission und darin geschult, wie sie mit „verbalen Attacken“ umgehen können. Die sind allerdings selten. Clevers: „Wir sind eine streit- und beleidigungsfreie Zone. Sollte ein Gast zum Beispiel rechtsradikal ,herumblöken’, wird er rausgesetzt.“ Doch das komme nur äußerst selten vor. Drei oder vier Fälle im Jahr. Und: „Wir haben noch nie ein langfristiges Hausverbot aussprechen müssen.“