Margot Käßmann im Seidenweberhaus: Geiz und Raffgier am Pranger
Theologin Margot Käßmann lockt viele Mitglieder der Volksbank ins Seidenweberhaus.
Krefeld. So berstend voll war das Seidenweberhaus schon lange nicht mehr wie bei der Mitgliederversammlung der Volksbank. Magnet war die prominente Gastrednerin Margot Käßmann.
Die christlichen Wertvorstellungen der früheren Landesbischöfin decken sich offenbar mit dem Verständnis der Gäste, wie der anhaltende Applaus zeigte. Auch Bürgermeisterin Jutta Pilat begrüßte, dass das Kreditinstitut ein mutiges Thema ins Programm genommen hatte.
Zunächst zog Klaus Geurden noch einmal die positive Bilanz des letzten Geschäftsjahres (siehe Kasten). Dabei beklagte der Vorstandsvorsitzende des Genossenschaftsinstituts das Finanzgebaren der Großbanken, die sich der Kontrolle entziehen, und die Folgen, mit denen sein seriös arbeitendes Haus bestraft werde.
Heftige Vorwürfe musste sich auch Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner gefallen lassen. Geurden nannte es Wettbewerbsverzerrung, wenn Institute gezwungen werden, ihre Geldautomaten mit Banken ohne regionalen Service zu teilen. Dann nannte er die Werte, die Garant für den anhaltenden Erfolg des Instituts sind: Sicherheit, Seriosität, Nähe und Verlässlichkeit. Und war damit ganz nah am Werteprofil von Käßmann.
Es müsse schlimm stehen um unsere Welt, wenn die Volksbank schon eine Bischöfin einlade, scherzte sie. Aber schon in der Bibel komme die Wirtschaft vor, etwa in Form der Fischerei, und das Christentum sei die erste Form der Globalisierung.
Heute suchten zwar viele Menschen nach Orientierung, aber kaum einer komme auf die Idee, die dazu nötigen Werte im Glauben zu suchen. Das öffentliche Bekenntnis zur Religion sei verpönt, obwohl weitaus mehr Menschen am Wochenende in die Kirche gehen als auf den Fußballplatz. Jeder bastele sich heute seine eigene Patch-Work-Religion.
Und keiner kenne mehr die Bibel. „Aber wie wollen wir Zuwanderer integrieren, wenn wir die Geschichte nicht kennen?“ fragt sie. Nach Umfragen fänden die Deutschen die zehn Gebote wichtig, aber bei Günter Jauch könnten sie sie nicht aufzählen. Um die Gebote als Leitfaden der Reihe nach höchst amüsant ins Neudeutsche zu übersetzen und dabei Neid, Geiz und Raffgier anzuprangern.
„Wir brauchen eine Ethik der Grenzen, des Genug und des Respekts“, gibt sie den Zuhörern unter Beifall mit auf den Weg. Wenn man in Zukunft auch noch aus dem Sonntag einen Werktag mache, verkomme unsere Gesellschaft ganz zu einer Burn-out-Gemeinschaft.