Otto Paulitschek: „Wir haben etwas angestoßen“

Am Montag ist Dr. Otto Paulitschek 90 Jahre alt geworden – seit 25 Jahren hilft er den Ärmsten der Armen auf den Philippinen.

Krefeld. Er ist das älteste aktive Mitglied des Frankfurter Komitees "Ärzte für die Dritte Welt": Dr. Otto Paulitschek. Am Montag vollendete der Chirurg daheim in Bockum das 90. Lebensjahr. Und für sein Alter ist er erstaunlich fit; die Augen leuchten natürlich besonders, wenn es um "seine" Projekte für die Ärmsten der Armen auf den Philippinen geht: Um das Lepra-Dorf Tala, die neu erbaute Männer-Psychiatrie in Bulacan im Norden Luzons oder die Sozialstationen am Fuße der ehemaligen Müllberge von Tondo oder Payatas im Großraum Manila.

25 Jahre lang war Otto Paulitschek Ärztlicher Direktor des Krankenhauses Maria-Hilf - und ebenso lange arbeitet er aktiv beim Frankfurter Komitee mit. Per E-Mail wird er in seiner Heimat auf dem Laufenden gehalten. "Die Psychiatrie in Bulacan ist fertiggestellt", freut sich der Jubilar, "vorbei sind die Zeiten, in denen junge Männer in Käfigen weggesperrt waren."

Natürlich gibt es auch immer wieder einen Grund, sich zu ärgern. "Dem Anbau der Tuberkulose-Station in Tala stehen angeblich drei Bäume im Weg. Deren Entfernung soll fast so viel kosten, wie der Anbau. Da spiele ich nicht mit", zeigt sich Paulitschek kampfbereit. Er hofft jetzt auf das Verhandlungsgeschick des ortsansässigen Paters aus Belgien.

Den runden Geburtstag nutzt "Doc Otto" allerdings auch, um seinem knapp 300-köpfigem Stammspenderkreis zuzurufen: "Hallo, ich bin noch da. Ihr könnt weiter spenden." Rund 20000 Euro im Jahr umfasst allein Paulitscheks Etat für das Tbc-Programm mit derzeit 1600 Plätzen. Hinzu kommen noch zweckgebundene Mittel aus einer Stiftung und einem Nachlass für Bauvorhaben.

Immerhin acht Neubauten, zwei Kernsanierungen und drei Erweiterungsbauten sind von der "Krefelder Hilfe für Tondo" in den vergangenen 25 Jahren entstanden.

Doch als größten Erfolg wertet es der Humanist und überzeugte Christ, dass es gelungen ist, einheimische Ärzte, vor allem Ärztinnen, für den ehrenamtlichen Dienst in den Armutsquartieren zu gewinnen und Menschen zu finden, "die sparsam mit Spendengeldern umgehen".

Angestoßen habe die Komitee-Arbeit auch etwas anderes: "Die einst erbärmliche Bezahlung der landlosen Bevölkerung durch die Großgrundbesitzer ist etwas besser geworden." Es hat ihn immer gewurmt, dass gerade in einem katholischen Land wie die Philippen die Ausbeutung besonders groß ist, eine Landreform bis heute auf sich warten lässt.

Manche seiner Hobbys sind mit dem Engagement für die Dritte Welt auf der Strecke geblieben: Die Modelleisenbahn ist längst demontiert und in Kisten verpackt. Ausgleich findet "Doc Otto" in der Gartenarbeit: "Ich freue mich riesig, wenn eine Pflanze wächst und dann auch Blüten trägt." "Gärtnern" könnte man auch das nennen, was er in den Slums rund um Manila tut. Viele seiner Patienten hat er zwei Jahrzehnte lang begleiten können - und bei Treffen war die Freude stets riesengroß.

Groß war auch die Freude über die am Montag eingetroffenenen Geburtstagsgrüße eines Kollegen. "Der war vor 30 Jahren bei mir Assistenzarzt. Dann hat er sich niedergelassen - und heute ist er im Ruhestand. Da merkt man erst, wie alt man selber ist."

Zu den Gratulanten gehörte auch Bezirksvorsteher Hans Jürgen Brockers, der das übliche Präsent der Stadt vorbeibrachte: Eine Urkunde, unterschrieben vom Oberbürgermeister. Einen privaten 20-Euro-Schein legte er dazu. "Ich brauche Ihre Adresse - für die Quittung", merkt der Jubilar an, dem es übrigens "wurschtegal ist, mit Spendenaktionen manche Leute zu nerven".

Im übrigen beabsichtigt er ernsthaft, nach dem Monsunregen im Spätherbst zum 25. Mal "seine" Projekte und Mithelfer zu besuchen - und zu sehen, wie das mit den drei im Weg stehenden Bäumen ausgegangen ist.

Am kommenden Samstag wird erst einmal daheim mit der großen Familie gefeiert.