Rupee Rallye: Mit Schrottmöhren ans Ziel
Sechs junge Leute reisten für den guten Zweck mit Tuk Tuks quer durch Indien.
Krefeld. Elf Fahrradrikschas, drei Milchkühe, acht Nähmaschinen, drei Brunnen — das sind nur Teile des Ertrags, den die Teilnehmer der Rupee Rallye einem kleinen Dorf in Indien beschert haben. Vor etwa zwei Monaten sind die zwei Teams zurückgekehrt und denken gerne an die Zeit zurück: „Wir würden diese Aktion geschlossen weiterempfehlen“, sagt Anna Lührmann vom Team Rita Rakete. „Das war ein riesengroßes Abenteuer, eine Erfahrung, von der wir noch unseren Enkeln und Urenkeln erzählen werden.“ Und ihre Teamkollegin Kathrin Helbig schwärmt: „Wir würden morgen wieder losfahren.“
Mitte Februar waren sechs junge Leute aufgebrochen, um mit zwei Autorikschas, so genannten Tuk Tuks, durch Indien zu fahren. Davor hatten sie genäht, gestickt, gestrickt und die Produkte für den guten Zweck bei verschiedenen Aktionen verkauft und im Internet Spenden gesammelt. Durch das Projekt sind 8078,55 Euro zusammengekommen — die Damen sammelten übrigens 37 Euro mehr als das Männerteam Hans Dampf. „Schon vor der Reise waren wir überrascht von der Resonanz und hatten das Gefühl, gewonnen zu haben“, sagt Lührmann.
Und doch war die Tour, die die beiden Teams 2600 Kilometer von Alleppey in Südindien bis nach Kalkutta führte, der eigentliche Höhepunkt — trotz einiger Härten. „Nachts mit dem Tuk Tuk durch die Stadt Hyderabad zu fahren, das ist in etwa so, als würde man im Dunkeln in der Rush Hour als Geisterfahrer über die A57 fahren — darauf ist wohl niemand wirklich scharf.“
Sogar eine Pannenliste wurde während der Tour erstellt. Die beachtliche Bilanz: Drei platte Reifen, ein Getriebeschaden, vier defekte Hupen und vieles mehr. „Das waren halt Schrottmöhren. In Indien hilft aber jeder sofort. In der Sekunde, in der man stehen bleibt, rufen die Umstehenden schon Mechaniker an“, erinnert sich Lührmann. „Einmal hat uns ein Pseudomechaniker irgendetwas vom Tuk Tuk abgerupft und einfach eine Zigarettenschachtel darüber gelegt.“
Überhaupt seien Menschenansammlungen die Regel. „Man ist permanent von Indern umgeben und wird ständig angesprochen. Insbesondere große Menschen fallen auf. Unsicher haben sich die Abenteurer aber nicht gefühlt. „Indien ist kein hochkriminelles Land. Nachts wurden nur mal Sachen von den Tuk Tuks geklaut in Arbeiterstädten, in denen Stahl hergestellt wird. Danach haben wir immer die Batterie, Ersatzreifen, Spanngurte und Benzinkanister mit zu unseren Schlaforten genommen.“
Auf die Frage nach den Höhepunkten der Tour sprudelt Lührmann los: „Als wir in Indien angekommen waren und unsere Tuk Tuks endlich in Empfang nehmen konnten — das war ein Wahnsinns-Augenblick.“ Aber auch an den Moment, als die Gruppe dann wirklich auf der Straße war, erinnert sich Lührmann gerne. „Zuerst hatten wir einige Fahrübungen auf einem Ascheplatz und an der Strandpromenade gemacht.“ Eine ganz besondere Erfahrung war außerdem die erste bewältigte Bergetappe. „Wir hatten ja keine starken Maschinen und sind mit gefühlten fünf km/h den Berg hochgeschlichen.“ Dabei wurden sie noch von indischen Jungs angeschoben. „Als wir dann aber oben waren, wurden wir mit einem unbeschreiblichen Ausblick belohnt und hatten dieses tolle Gefühl, es geschafft zu haben.“
Für die Strapazen wurden sie bei der Ankunft im Zielort Jemo im Nordosten belohnt. „Wir wurden dort ganz süß empfangen. Die Kinder des Kinderheims hatten sich mit Blumenketten aufgestellt und haben gesungen und geklatscht“, erzählt Lührmann. „Mit einem Schlag waren alle Sorgen und Pannen vergessen.“
Überhaupt seien diese immer schnell in den Hintergrund gerückt. „Indien ist ein unheimlich faszinierendes Land“, sagt Lührmann. „Obwohl die Menschen arm sind, verbreiten sie eine Lebensfreude, von der wir Deutschen uns eine Scheibe abschneiden könnten.“ Diese Mentalität würde sie sich gerne in Deutschland weiterhin bewahren. „Trotzdem habe ich mich aber auch auf ein weiches Bett und eine saubere Dusche gefreut“, sagt sie schmunzelnd.