Satire: Ein Krefelder Sprücheklopfer

Uli Pudelko ist als Stadtführer unterwegs. Im Jazzkeller macht er virtuelle Rundgänge mit heiter-bissigen Randbemerkungen.

Krefeld. Uli Pudelko kommt um eine Verlängerung nicht herum. Im März wird er an zwei weiteren Abenden „Pudelkos heiter-satirische Stadtrundfahrt“ im Jazzkeller geben. Bewegen muss sich bei dem virtuellen Rundgang durch Krefeld mit Hintergrundinformationen niemand — es sei denn, vor Lachen biegen. Das haben die Besucher dreimal im Dezember und dreimal im Januar getan.

Doch danach erreichten sowohl Pudelko („Das war unglaublich“) und den Jazzkeller so viele Anfragen, dass die Verlängerung beschlossen wurde. Schließlich waren die bisherigen Mittwochabende komplett ausverkauft.

Uli Pudelko, 65, macht im Auftrag des Stadtmarketings Stadtrundfahrten und zeigt Besuchern die verschiedenen Seiten Krefelds. Und seit 35 Jahren klopft er als Hobby Sprüche — in Heftform, die er unter Freunden und Bekannten verteilt. Zum Heft 2011 hat nach langer Pause sein Bruder Georg wieder die Zeichnungen beigetragen.

An einem Frühlingstag 2010 fragt ihn der Besitzer vom Café Konkurs in Linn, ob er bei ihm eine Lesung gestalten könne — ein Autor ist ausgefallen. Pudelko überlegt: „Mit Sprüchen kann ich doch keinen ganzen Abend gestalten“, und sagt zum Café-Besitzer: „Schreib’ virtuelle Stadtrundfahrt drauf.“ Die Idee ist geboren.

Die Resonanz danach ist so groß, dass die weiteren Abende aus Platzgründen im Jazzkeller stattfinden. Der Ablauf ist (fast) immer derselbe: „Ich betrete mit meinem Banjo die Bühne und beginne mit ,Bei mir bist du schön . . .’ Dann erkläre ich den Besuchern den Unterschied zwischen einem Kölner und einem Krefelder: Der Kölner sagt: ,Trink doch einen mit’. Der Krefelder: ,Gibst du einen aus?’ Alles natürlich auch in Platt — ich wechsle zwischen Hochdeutsch und Mundart.“ Das folgende Gelächter ist dann in der Regel die Basis für einen vergnüglichen Abend.

Pudelkos virtuelle Stadtrundfahrt ist eine Mischung aus Liedern, zu denen er sich auf der Gitarre begleitet, dann folgen Informationen: über die Stadt Krefeld, einige Gebäude, den typischen Krefelder. Dazu gibt es heiter-kritische Ausführungen zur lokalen Politik. „Krefeld von allen Seiten eben — und zu allem gebe ich meinen Senf dazu.“ Und immer wieder sind Sprüche dabei, auf die aktuelle Situation bezogen. Beispiel: „Mit Werbung die Düsseldorfer nach Krefeld locken und dann am Dießem aussteigen lassen.“ Pudelko, er gibt es zu, ist gerne Sprücheklopfer. Heft 2011 zeigt auf dem Deckblatt eine Eule, gezeichnet von Pudelkos Bruder Georg. Für ihn selbst symbolisiert die Eule Wissen und Weisheit — Eigenschaften, das bezeugen die Sprüche, die ihm bei manchem Menschen fehlen. Für seine Sprüchehefte hat er immer Vokabelheft und einen Stift dabei. Gedankensplitter werden notiert, teilweise überzogen oder auch provozierend. Am Ende wird gesiebt und umformuliert.

Wer nimmt an den virtuellen Stadtrundfahrten teil? „Das sind zum größeren Teil ältere Krefelder. Aber die bringen fast immer auch Jüngere mit — aus dem Verwandten- und Freundeskreis“, sagt Pudelko. Und er ist immer wieder erstaunt, wie gut seine Zuhörer Bescheid wissen über die Dinge, die in Krefeld laufen — oder auch nicht laufen. „Die Quellen für meine virtuellen Stadtrundfahrten sind die Tageszeitungen, so auch der Lokalteil der WZ“, sagt Pudelko.

Die virtuelle Stadtrundfahrt wird nach zwei Stunden beendet — wieder mit einem Spruch: „Wenn Krefeld nur schön wäre, würde ich hier nicht leben wollen. Denn dann wäre die Sehnsucht nach Veränderung weg.“ Die Leute applaudieren, stehen auf für ihren Stadtführer. Uli Pudelko gibt nur eine Zugabe. Er singt seine Übersetzung von Bob Dylans „Forever young“ zur Gitarre. Und wundert sich jedes Mal: „Die Leute sind mucksmäuschenstill. Und dann bleiben sie auch noch. Keiner zahlt sofort, man redet noch miteinander. Es ist schön.“ Vielleicht gibt es eine Fortsetzung im Herbst. Vielleicht.