Schönheitschirurgie: Der Nasen-Papst tritt ab

Prof. Heinz Gerhard Bull hört auf. Der Chefarzt hat vielen Menschen geholfen.

Krefeld. Einer der renommiertesten Ärzte Deutschlands verlässt Krefeld und das St. Josefshospital. Professor Heinz Gerhard Bull geht in den Ruhestand. Der verdienstvolle Mediziner mit Promi-Status hat das Krankenhaus über die Grenzen des Landes hinaus bekannt gemacht und die Schönheitschirurgie in seriöse Bahnen gelenkt.

Bull verwandte seine Fähigkeiten darauf, Unfallopfern oder Tumorkranken zu helfen, Kindern aus Vietnam ein normales Aussehen und damit ein neues Leben zu schenken und nicht wenigen Film- und Fernsehstars eine neue Nase und ein jung erscheinendes Gesicht. In seinem Privatleben kickt der Düsseldorfer mit Leidenschaft im Mittelfeld. Er spielt oft mit Rudi Assauer. Sein Fußball-Herz schlägt für den HSV, Schalke und Fortuna.

Wie viele Patienten Bull in über 20 Jahren seiner Chefarzt-Tätigkeit in Krefeld behandelt hat, weiß er nicht. Einige Fälle sind in seinem Gedächtnis fest verankert. "Ich denke da an die junge Krefelderin, die vor ihrer Haustüre überfallen und deren Gesicht mit einem Baseballschläger massiv verletzt worden war. Wir haben acht Stunden gebraucht, um die Knochen und Weichteile zu operieren. Dann war sie wieder hergestellt", erinnert sich Bull. "Dann kam eine Kunsthistorik-Professorin aus Berlin zu uns, die durch tiefe Falten mürrisch und abweisend wirkte. Nach der OP fühlte sie sich wieder als Gesprächspartnerin auch von Jüngeren akzeptiert und schrieb uns dankbar von ,geschenkten Jahren’."

Die beiden Fälle sind gute Beispiele für die plastische und ästhetische Chirurgie. "Bei der ersten geht es darum, Fehlbildungen, die angeboren, durch einen Unfall oder einen Tumor verursacht wurden, zu korrigieren", erklärt Bull. Das gelte beispielsweise auch für die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, im Volksmund auch Hasenscharte genannt. Sie ist die zweithäufigste Fehlbildung des Menschen. "Rein ästhetische Operationen müssen nicht unbedingt sein, können aber die Patienten von einem großen psychischen Druck befreien."

Dass Bull selbst den Promi-Status besitzt, akzeptiert er mit einem Schulterzucken: "Es ist eben so." Dies hat ihn nie daran gehindert, humanitär zu wirken. Ein- bis zweimal im Jahr reist er seit 1994 mit einem Ärzte- und Schwesternteam nach Vietnam, um dort Kinder mit Gesichtsfehlbildungen zu behandeln. "Manchmal haben wir 36 Mädchen und Jungen in einer Woche operiert." Besonders schwierige Fälle holte er nach Deutschland und behandelte sie im Uerdinger Krankenhaus.

Seine Klinik für Mund-Kiefer- und Gesichtschirurgie ist mit 45 Betten eine der größten in der Bundesrepublik. Sie wurde auch gerne von "reichlich Promis" besucht. "Das ist immer mit viel Aufwand verbunden", sagt er mit einem Lächeln. "Sie kommen durch den Hintereingang, außerhalb der Sprechzeiten und wollen nicht erkannt werden." Wer bei Bull auf geschlossene Türen stößt: Junge Mädchen, die eine neue Nase geschenkt bekommen haben. "Wir leben doch nicht in Amerika, wo es die Schönheits-OP mit Weihnachtsrabatt gibt."

Kaum auszudenken, dass Professor Bull nicht mehr praktizieren soll. Sein Abschied von den lieb gewonnenen Krefelder Patienten und Mitarbeitern fällt ihm nicht leicht.