Schwimmsport: Freibad mit 24-Stunden-Betrieb

Der Uerdinger Verein Aegir setzt auf seine über 100-jährige Tradition, ein Idyll im Grünen und auf neue Mitglieder.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Krefeld. Viele Menschen verbinden mit einem Freibad die gleichen Assoziationen. Der Geruch von Chlor und Pommes in der Luft, dazu lautes Kindergeschrei und eine überfüllte Liegewiese. Bei den Schwimmsportfreunden Aegir aus Uerdingen ist das ein bisschen anders. Das 18 000 Quadratmeter große, parkähnliche Gelände teilen sich 500 Mitglieder, die so gut wie nie gleichzeitig „auftauchen.“ Denn das Bad ist 24 Stunden am Tag geöffnet. Wer also lieber im Mondschein statt unter der Mittagssonne schwimmen will — bitte.

Foto: Andreas Bischof

Und statt Pommes aus der Fritteuse grillt man lieber gleich gemeinsam am Abend. Beim Thema Chlorgeruch sieht Ralf Willuhn allerdings rot. „Es darf einfach niemals nach Chlor riechen“, sagt der erste Vorsitzende des Aegir. Denn nur in schmutzigem Wasser kann man das chemische Element riechen. Auf dem Uerdinger Gelände hat selbst die feinste Schnuppernase nichts zu beanstanden. Bleibt aus der Assoziationsreihe nur noch das Kindergeschrei. „Wir sind einfach ein kinder- und familienfreundlicher Verein“, sagt Willuhn und entkräftet damit jeglichen Vorbehalt. Kinderlärm? Gibt es doch eh nicht!

Als Willuhn vor drei Jahren den Vorsitz übernahm, war der Aegir am Boden. Nach Mitgliederflucht und Insolvenzverfahren steuert der Verein jetzt wieder in ruhigeres Fahrwasser. „Eine Gemeinschaftsleistung war das“, sagt Willuhn. In seinen besten Zeiten hatte der Verein 2000 Mitglieder, im vergangenen Jahr waren es nur noch 370. Mit dem Umschwung wurden auch neue Mitglieder gewonnen. In den letzten zwölf Monaten wuchsen die Schwimmsportfreunde um rekordverdächtige 35 Prozent oder 130 Neumitglieder an. Trotzdem herrscht im Park entspannte Urlaubsstimmung. Ob im 50-Meter-Becken oder im naturbelassenen, vereinseigenen Waldsee: Im Aegir schwimmt man Bahnen, nicht Slalom um die Mitbadenden.

Die längste Zeit seines Leben ist Willuhn Mitglied im Verein. „1970 sind meine Eltern mit der ganzen Familie eingetreten“, sagt der 50-Jährige. Seit 15 Jahren lebt der gebürtige Uerdinger, der im Hauptberuf für eine Düsseldorfer Modeagentur tätig ist, in der Landeshauptstadt. „Trotzdem“, sagt er, als er auf der Terrasse sitzt und auf den See schaut. „Für mich ist das hier Heimat.“

Viele lebten nur für ihre zwei Wochen Urlaub im Jahr, sagt Willuhn nachdenklich. „Hier kann man nach dem Sport abschalten wie im Urlaub.“ Denn obwohl das Gelände zwischen Nordtangente und Bayer-Werk liegt: Wer das Wäldchen durchquert hat und über die Wiese zum See gegangen ist, spürt nichts mehr von Hektik und Großstadt. Oder wie Willuhn es sagt: „Die Erholung fängt auf dem Waldparkplatz an.“