Sommer-Serie: Eine Reise in Krefelds begehbaren Schaukasten
Brink findet heraus, dass es im Museum der Burg ähnlich still ist, wie im Örtchen drumherum.
Krefeld. Sorry, Uerdingen! Da hatte der Krefeld-Tourist nach seinem Besuch am Rhein doch angekündigt, im hohen Alter mit seinem Rollator die Niederstraße rauf und runter zu fahren — doch das war vor seinem Abstecher nach Linn. Alexander Brink, der für die WZ die Stadt als Auswärtiger erforscht, steigt aus dem Auto, sieht den historischen Stadtkern und sagt: „Okay, HIER möchte ich alt werden.“
Alt geworden in Linn sind auch diverse Exponate, die im Archäologischen Museum der Burg zu betrachten sind. Der 31-Jährige taucht ohne Umwege in die niederrheinische Geschichte ein. Die Schritte des Krefeld-Touristen hallen durch die Museumsgänge, die an einem Dienstagvormittag menschenleer sind. Bedächtig bleibt er vor Vitrinen und Schaukästen stehen. Bislang sprudelte es nur so aus dem Düsseldorfer heraus, jetzt scheint die beständige Ruhe, die Scherben und Schädel ausstrahlen, auf ihn über zu gehen. Lampen surren.
Die Überreste eines verscharrten Pferdes aus der Bataverschlacht brechen schließlich den Bann. „Knochenfunde sind eigentlich immer am spannendsten“, sagt Brink und lobt gleich auch die Aufbereitung durch das Museum. Die Pferdeknochen etwa sind so in Szene gesetzt, als wären sie gerade vom Besucher ausgebuddelt worden.
In den oberen Etagen des Museums hebt der Krefeld-Tourist noch einige Male den Daumen. Zum Beispiel angesichts eines authentischen Kettenhemdes: „Ich bin ja Herr-der-Ringe-Fan, von daher faszinieren mich alte Rüstungen und Waffen“, gesteht Brink. Das Hückels-May-Diorama zieht ihn ebenso an. „Da hätte ich auch Spaß dran, sowas aufzubauen“, sagt er und schaut wie eine Kriegsgottheit auf die Figürchen herab.
Mit dem Gedanken, vielleicht demnächst als Modellbauer kleinen Soldaten die Macheten schwarz zu pinseln, geht Brink in Richtung Ausgang. Geschichte macht Durst — doch das Museumscafé pausiert im Sommer. „Blöd.“ Der Düsseldorfer startet also die Suche nach einem Kiosk oder einer Gaststätte. Doch ganz Linn — zumindest rund um die Burg — macht wohl Sommerferien. Das Örtchen, wie es sich Brink zeigt, unterscheidet sich eigentlich nur unwesentlich von den Dioramen im Museum. Trinken wird also auf später verschoben, denn im Schaukasten gibt’s keine Apfelschorle.
Doch die Burg Linn wird deshalb nicht ausgelassen. Angesichts der Parkanlage und der pittoresken Wasserburg fühlt sich Brink zum ersten Mal wie ein echter Tourist, der im Urlaub auf Entdeckungsreise geht. Mit trockenem Mund schleppt er sich die Treppen des Turms nach oben und wird mit der Aussicht auf ein Krefeld belohnt, wie er es bislang nicht gesehen hat: grün, weitläufig, unberührt.