Tag der Architektur: Moderne trifft Gründerzeit
Mit insgesamt neun Beiträgen nimmt Krefeld am Wochenende am bundesweiten Aktionstag teil. Wie sich Krefelds Zahnlücken in zeitgemäße Wohnlandschaften verwandeln lassen, das zeigt eindrucksvoll das Objekt an der Bogenstraße 75.
Krefeld. Krefeld ist bis heute geprägt von jenen Zahnlücken, die zwischen höheren Gebäuden klaffen: das sind wahlweise verkommene oder auch aufgehübschte Baracken aus den Nachkriegstagen, lieblos erstellte Zweckbauten, nur noch halb wiederaufgebaute Trümmergebäude oder gar immer noch zerschossene Ruinen.
Dass sich solche Lücken prima in moderne Wohnwelten umwandeln lassen, zeigt nun ein Objekt an der Bogenstraße 75. Bis zum vergangenen Jahr gab hier noch ein zweigeschossiges, zweckmäßiges Gebäude aus den 1970er Jahren ein wenig ansprechendes Bild zwischen den imposanten Gründerzeithäusern nebenan ab. Es hat einem nach Bauhaus anmutenden, modernen Haus Platz gemacht, das sich überraschend gut in die historische Häuserzeile einschmiegt.
Das hat einiger Diskussionen bedurft, wie Architekt Alexander Littgen verrät. Weniger mit den Bauherren, als mit der Stadtverwaltung, die sich letztlich durch die Argumente des Krefelders überzeugen ließ. „Wir wollten keine Architektur, die so tut, als ob sie alt sei, sondern eine von hoher Qualität, die etwas Neues, Gleichwertiges darstellt.“
Das ist augenscheinlich gelungen, selbst die Farbgebung des kubisch gegliederten Baus passt sich perfekt in die Häuserzeile ein. „Es ist ein sehr grafischer Entwurf, dessen Flächen miteinander korrespondieren“, erläutert Littgen. So wie der weiße Erker-Kubus samt großer Fensterfront mit dem hölzernen Eingangsband und dem dunklen Klinkerfundament, alles eingefasst von einem weißen Putzband.
Eine Fassade, die Neugier auf das Innenleben weckt. Zumal das alte Gebäude nicht abgerissen wurde, sondern als Basis für das neue diente. So schlängelt sich die Wendeltreppe weiterhin in die oberen Etagen, ganz nach dem Wunsch der neuen Besitzer.
Überhaupt lässt sich die Gewerbe-Vergangenheit des einstigen Elektrohandels überall ablesen etwa an den Stahlgeländern, einer unverputzten Wand, an dem tiefroten Linoleumboden, an der Schlichtheit insgesamt. „Es sollte Loftcharakter haben. Da war die technische Sprache ganz wichtig.“
So sind die oberen Etagen auch offen gestaltet: Der Eingangsflur öffnet sich übergangslos in die große Küche, die mit ihrem bodentiefen Fenster auf den Platz an der Moltkestraße zu ragen scheint. Ebenso das Wohnzimmer, das mit seiner gläsernen Spitze wie ein Schiffsbug in den Garten einfährt. Die passende Reling dazu bildet die Terrasse eine Etage höher, die sich an einen weitläufigen, hellen Raum anschließt. Insgesamt bieten die vielen Fensterflächen spannende Ausblicke und geben dem eher kleinen Gebäude Großzügigkeit.
Im Parterre bleibt Platz für eine barrierefrei gestaltete Einliegerwohnung, die sich zum vom alten Beton befreiten Garten hin öffnet. Auch hier haben die umliegenden Häuser nun einen ebenbürtigen Partner erhalten: Oase fügt sich jetzt an Oase.
„Es war eine schöne Aufgabe, die Spaß gemacht hat“, sagt Architekt Littgen und lobt die Verwaltung, dass diese dann doch das Experiment mitgetragen hat. Und in Krefeld gebe es ja noch viele Baulücken: „Da ist noch vieles möglich.“