Ulrich Peltzer: Eine Kamerafahrt durchs Bewusstsein
Der in Krefeld geborene Autor Ulrich Peltzer liest im Literaturhaus aus seinem neuen Buch „Das bessere Leben“.
Krefeld. Schichtungen, Verflechtungen, Drehungen — Thomas Hoeps sprach mit Ulrich Peltzer über seine Bücher, seine Filme, sein Leben. In der Reihe „Was macht eigentlich . . . ?“ war der Preisträger des Niederrheinischen Literaturpreises 2001 zu Gast in der Gutenbergstraße.
Hoeps und Peltzer sind Krefelder, beide schreiben, beide sind gute Freunde. Peltzer, Jahrgang 1956, ging 1975, direkt nach dem Abitur, nach Berlin. Dort lebt er seitdem. So galt eine der ersten Fragen im Niederrheinischen Literaturhaus seinem Bezug zur Heimat. „Mir fehlt das Gefühl der Nostalgie“, sagte Peltzer, „Landschaften evozieren bei mir nicht viel. Ich bin gern in großen Städten.“ Aber Krefeld kommt in seinen Romanen vor.
Die beiden Männer sprachen auch über seinen neuen Roman, der den Titel „Das bessere Leben“ führen wird. Erscheinungstermin ist Herbst 2015. Aus diesem noch nicht vollendeten Werk las Peltzer vor — Premiere im ausverkauften Haus — und zog seine Zuhörerschaft völlig in den Bann des fließenden Textes.
Darin befindet sich ein Mann in São Paulo und verliert sich fast in seinen Gedanken. „Das ist eine Kamerafahrt durchs Bewusstsein“, sagte der Autor. Der Fluss der Gedanken streift des Mannes Gegenwart, den Kambodscha-Krieg und die Zeiten dazwischen.
Peltzers Stil erfordert viel Zeit, beim Lesen wie beim Schreiben. Seine Arbeitstage beginnen um 9 Uhr am Schreibtisch: „Am Nachmittag bin ich froh, wenn ich eine halbe Seite verfasst habe“, sagt er und ergänzt mit einem kleinen Lachen: „Die Bücher sind ja auch zum Teil dick.“ In seinen Romanen befasst Ulrich Peltzer sich mit den Überlegungen: „Was ist ein besseres Leben? Was gehört dazu?“ Die Antwort liegt sicher nicht im Ökonomischen, denn „meine Figuren sind arriviert“, sagt der Autor. Sie sind untergründig miteinander verbunden, haben ihre Geschichten.
Die findet Peltzer in seiner Umgebung oder in seiner Vergangenheit. Eine Figur erzählt zum Beispiel von einer Auseinandersetzung von Krefelder Gewerkschaftlern mit den Nazis — davon hörte Peltzer in seiner Kindheit, denn sein Vater war dabei. Aus diesen und anderen Episoden baut Peltzer seine Romane — aus Geschichten wird Literatur in besonderem Stil.