Verwirrung im Finanzskandal
Stadtverwaltung: Im Rathaus heißt es, die von der SPD beauftragten Anwälte hätten die Vorschriften nicht richtig gewürdigt. Das sei aber keineswegs so, sagt Ratsherr Hans Butzen.
Innerhalb der Stadtverwaltung ist das am Montag vorgelegte Gutachten der Düsseldorfer Rechtsanwaltskanzlei Taylor Wissing zur Finanzpanne höchst umstritten. Und zwar in dem Punkt, bei dem Oberbürgermeister Gregor Kathstede doch ein dienstrechtliches Vergehen vorgeworfen wird (die WZ berichtete).
Laut dem von der SPD beauftragten Gutachten soll Kathstede gegen Paragraph 31 Absatz 1 der Gemeindehaushaltsverordnung verstoßen haben, wonach allein er als Verwaltungschef Vorschriften für den Finanzfachbereich erlassen kann. Diese hatten jahrelang gefehlt. Im Rathaus allerdings heißt es, man müsse in diesem Zusammengang auch Absatz 4 des Paragraphen beachten. In dem steht: Zwar habe der Oberbürgermeister die Aufsicht über die Finanzbuchhaltung. Ist ein Kämmerer bestellt, trage der aber diese Verantwortung. Das wäre der nach Düsseldorf gewechselte Manfred Abrahams.
Haben die von der SPD beauftragten Anwälte also etwas übersehen? "Mitnichten", sagt SPD-Ratsherr Hans Butzen auf WZ-Anfrage. Es handele sich um zwei völlig unterschiedliche Bereiche: Kathstede sei derjenige, der die Vorschriften zu erlassen habe. In dem Gutachten sprechen die Rechtsanwälte davon, dass in der Verordnung explizit der Verwaltungschef als Verantwortlicher für das Erlassen von Vorschriften genannt werde. "Herr Abrahams war für den Erlass dieser Sicherheitsstandards nicht zuständig", schreiben die Juristen in dem Papier, das der WZ vorliegt.
Die Aufgabe könne somit nicht vom Oberbürgermeister auf den Kämmerer übertragen werden - das lasse die Verordnung nicht zu. Die in Absatz 4 genannte "Aufsicht über die Finanzbuchhaltung" sei etwas völlig anderes, betont Butzen.
Die sei in der Tat Abrahams übertragen gewesen, der sich wegen verschiedener Vorwürfe im Finanzskandal laut Taylor Wissing ebenfalls in einem Disziplinarverfahren zu verantworten habe. Auch der frühere Fachbereichsleiter und der Chef des Rechnungsprüfungsamtes hätten sich Dienstvergehen schuldig gemacht.
Die von der Stadt beauftragte Rechtsanwaltskanzlei Lenz und Johlen, Köln, hatte kein dienstrechtliches Vergehen Kathstedes erkannt, und auch Regierungspräsidentin Anne Lütkes (Bündnis ’90/Die Grünen) sah als Disziplinarvorgesetzte des Oberbürgermeisters keinen Anhaltspunkt für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens. "Wir waren am Montag bei ihr und haben die Stellungnahme hinterfragt", sagt Grünen-Fraktionschefin Stefani Mälzer. Anne Lütkes bleibe bei ihrer rechtlichen Bewertung. Das neue Gutachten kannte sie allerdings noch nicht.