Fall Mirco: Wut und Angst
Auch am Mittwoch fanden die Beamten beim Absuchen des Flusses Niers keine Spuren des Jungen.
Grefrath. Am Parkplatz an der Hinsbecker Straße zwischen Hinsbeck und Grefrath, auf dem vor Wochen die Kleidung des vermissten Mirco Schlitter aus Grefrath gefunden wurde, brennen weiter Kerzen. Viele Briefe sind verwittert, einige Blumen verwelkt. Doch es kommen immer wieder neue hinzu.
Freunde und auch Fremde hinterlassen dort ihre Gedanken, Hoffnungen und Wünsche für den Elfjährigen, der seit dem 3.September verschwunden ist. So wie die achtjährige Laura aus Schaag, die an Mirco schreibt, dass sie und ihre Familie an ihn denken: "Alle haben ganz viel Angst, ich auch und wünsch mir von ganzem Herzen, dass man dich findet."
"Ich fühle mich schrecklich", schreibt eine Freundin. Und: "Meine Mutter hätte dich nach Hause gefahren." "Es ist der Horror für uns", heißt es in einer anderen Nachricht. Oder: "Es scheint wie eine Ewigkeit, seitdem du nicht mehr hier bist."
Zu Sorge und Trauer mischt sich immer wieder Wut auf den Täter. "Wenn noch etwas Menschlichkeit und Mitleid in Ihnen ist", appellieren eine Mutter und eine Oma, "stellen Sie sich und lassen Sie sich behandeln, bevor Sie noch mehr Familien zerstören."
Immer wieder halten Wagen an der improvisierten Gedenkstätte an. Auch Lkw-Fahrer und Handwerker, die hier eine kurze Pause einlegen, schauen sich die Schautafel an. Ein Mann aus Straelen stoppt mit seinem Auto kurz auf seinem Weg nach Hinsbeck. "Man denkt schon öfter darüber nach, weil es so nah ist", sagt er und setzt seinen Weg fort. Ein Nettetaler erzählt, dass er seine Kinder nicht mehr allein mit dem Fahrrad fahren lässt.
Heinz-Peter und Helga Schmitz sind aus Düsseldorf gekommen, um sich die Gedenkstelle und Grefrath einmal anzusehen. "Ich habe immer noch die Hoffnung, dass er doch noch mal zurückkommt. Man hört ja immer wieder von diesen Fällen", sagt Helga Schmitz.
Der Fall Mirco lässt Grefrath nicht los. Auch im Ortskern ist das spürbar. "Es kommen nicht mehr so viele Kinder zu uns - wegen der Sache mit Mirco", sagt Silvano Asino, Chef vom Eiscafé San Marco in Grefrath. "Viele Eltern haben Angst und holen ihre Kinder jetzt mit dem Auto von der Schule ab und lassen sie nicht mehr einfach nach draußen."
Unermüdlich ist unterdessen die Polizei im Einsatz. Die nun mehr als vier Wochen andauernde Suchaktion ist mittlerweile eine der größten, die in Deutschland stattgefunden hat, sagt der Sprecher der Sonderkommission, Willy Theveßen.
Am Dienstag durchkämmten zwei Hundertschaften ein Gebiet rund um den Ferienpark "Blaue Lagune" in Wankum. Am Nachmittag wurde die flächendeckende Suche dann eingestellt. Bei konkreten Hinweisen werden wieder Hundertschaften eingesetzt.
Stattdessen will die Polizei am Mittwoch in der Niers und anderen Gewässern nach Spuren suchen. Es gebe zwar keine konkreten neuen Hinweise, so Theveßen. Aber um völlig sicher zu sein, dass dort nichts übersehen wird, werden Tauchergruppen der Technischen Einheiten des Landes Nordrhein-Westfalen die Niers in einer engen Kette von Ufer zu Ufer durchsuchen. Alle verfügbaren Technischen Einheiten des Landes werden eingesetzt.
Inzwischen gingen bei der Sonderkommission insgesamt 3500 Hinweise ein. Jedoch wird die Zahl neuer Tipps von Tag zu Tag weniger. Dringend gefragt seien weiterhin Hinweise zu einem dunklen Wagen, der am späteren Fundort von Mircos Fahrrad gesehen wurde. "Hinweise, die direkt zum Täter führen, können auf Wunsch vertraulich behandelt werden", betont Ingo Thiel erneut.
Inzwischen hat die Polizei bekannt gegeben, dass auch am Mittwoch keine Spur des Jungen gefunden wurde. Die Suche wird fortgesetzt.