Olaf H. bricht im Mirco-Prozess sein Schweigen
Ex-Kollegen locken den Angeklagten aus der Reserve.
Krefeld. Seit dem ersten Prozesstag hatte der Angeklagte nichts mehr gesagt. Olaf H. hatte da — wie schon in den Polizeiverhören zuvor — gestanden, am 3. September des vergangenen Jahres den damals zehnjährigen Mirco aus Grefrath umgebracht zu haben.
Danach hatte nur noch sein Anwalt Gerd Meister gesprochen — und das auch nicht sehr viel. Noch gestern Mittag hatte er auf eine Frage von Richter Helmut Luczak, wann denn sein Mandant mal wieder eine Frage beantworten oder sich einlassen werde, geantwortet: „Heute nicht.“
Zum Ende des Prozesstages dann aber doch die Wende: Olaf H. redet. Und zwar über den Mittag des Tattages. Da habe er mit seinem Münchener Chef telefoniert. Das Gespräch, in dem es um einen Bericht ging, den H. noch abzuliefern habe, sei „ziemlich heftig“ verlaufen, sagt der Angeklagte.
Vorher hatten schon Kollegen von ihm eine Ahnung davon vermittelt, dass H.s Verhältnis zum Chef nicht das Beste gewesen sei. Vorsichtig hatten einige durchblicken lassen, dass sie selbst ebenso manchmal Schwierigkeiten mit der Art des Vorgesetzten hätten, den sie als rustikal-bayerisch und etwas polternd beschrieben.
H. hatte am ersten Prozesstag erklärt, er habe sich diesen 3. September freigenommen, weil seine kleine Tochter erkrankt gewesen sei. Dass „seine Püppi“ für den Mann, von dem seine Ex-Ehefrauen als „absoluter Familienmensch“ sprechen, besonders wichtig war, lag auf der Hand. Sein Chef habe diese Entschuldigung nicht gelten lassen und gesagt: „Es ist mir scheißegal, was mit deiner blöden Tochter ist.“
Warum er denn vorher nie gesagt habe, was der Inhalt dieses Gesprächs gewesen sei, will der Richter wissen. Er habe bei der Vernehmung durch die Polizei einfach andere Dinge im Kopf gehabt, sagt Olaf H.. Danach sind seine Einlassungen auch schon wieder beendet.
Schon in der ersten Vernehmung bei der Polizei hatte er erklärt, Stress im Job und vor allem ein Gespräch mit seinem Chef, bei dem dieser ihn „gefaltet“ habe, seien der Auslöser für die Tat gewesen. Nachdem die Ermittler herausgefunden hatten, dass sein Chef zu dieser Zeit in Urlaub war, waren Zweifel an diesem Motiv aufgekommen.
Weil H. selbst keine weiteren Angaben gemacht hatte, hatte das Gericht viele Arbeitskollegen als Zeugen geladen, um sich ein Bild vom Angeklagten und seiner Situation am Arbeitsplatz machen zu können. Für Freitag ist auch der Chef aus München geladen.