Wuppertaler Engel Die Grafs schenken Tinkerwallach Dewi ein neues Leben
Wuppertaler Ehepaar rettete einen irischen Tinkerwallach aus der Tötungsstation. Jetzt soll er langsam aufgepäppelt werden.
Wuppertal. Eine lange Reise hat Dewi hinter sich, als er etwas unsicher die Rampe des Transporters herunter klettert. Die Strapazen sind dem Tinkerwallach allerdings nicht anzusehen. Er hebt den hübschen Kopf, spitzt die flauschigen Ohren und sieht sich neugierig um. Dann wiehert er zur Begrüßung. Die meisten seiner Artgenossen sind jedoch auf der Weide, nur seine neue Nachbarin Emma antwortet und schaut dem Ankömmling über die halbhohe Boxentür erwartungsvoll entgegen.
Ganz selbstverständlich spaziert Dewi in seine neue Unterkunft, senkt den Kopf und beginnt zu fressen. „Gut sieht er aus. Viel besser, als wir erwartet haben“, sagt Hans-Walter Graf sichtlich zufrieden. Gemeinsam mit seiner Frau Malou hat der Landwirt den Schecken vor zwei Wochen in Irland gekauft — ohne ihn je zuvor gesehen zu haben. „Wir hatten nur die Bilder aus dem Internet“, berichtet Malou Graf.
Die Geschichte des Pferdes hat das Paar so bewegt, dass es beschloss. ihm ein neues Zuhause zu schenken. „In Irland sind die Tiere gewissermaßen vogelfrei. Seit der Wirtschaftskrise setzten viele Besitzer sie einfach aus, weil sie den Unterhalt nicht mehr aufbringen können“, erzählt Malou Graf. Da viele sich in der vermeintlichen Freiheit jedoch gar nicht zurechtfinden und sich außerdem unkontrolliert vermehren, landen sie schließlich in Tötungsstationen. Wenn sie dort niemand herauskauft, ist ihr Schicksal besiegelt.
„Wir wollten ohnehin gerne einen Tinker für unseren Schulbetrieb, denn sie gelten als gutmütig und haben eine schöne Größe“, sagt Malou Graf. Das Bild von Dewi hat sie auf den ersten Blick begeistert. „Er hatte so ein waches Auge. Das hat mir gefallen.“ Eigentlich war der Schecke von der irischen Tierschutzorganisation bereits in die Schweiz verkauft, doch die neuen Besitzer haben es sich kurzfristig anders überlegt. „Dann mussten wir uns ganz schnell entscheiden und nun ist er schon hier“, sagt Malou Graf und streicht durch das dichte Fell des Wallachs.
Mit genüsslichem Schmatzen frisst Dewi das Aufbaumüsli, bevor er zum nächsten Gang übergeht und an der Heuportion zupft. „Das ist ein sehr gutes Zeichen. Er wirkt gelassen und scheint dennoch gesund und munter“, sagt Hans-Walter Graf. Er hatte eine verwahrloste, abgemagerte Kreatur erwartet. „Er war aber auch schon vier Wochen in der Auffangstation. Von dort gehen die Pferde erst ins Ausland, wenn sie auch transportfähig sind“, betont Malou Graf. Sie hat bereits Erfahrung mit Tieren aus schlechter Haltung. „Wir haben schon mehrere aufgenommen. Sie sind alle unglaublich lieb und dankbar.“
Dewi soll nach der mehrtägigen Reise in seine neue Heimat erst einmal Zeit bekommen, um sich zu erholen. „Obwohl er ein Gesundheitszeugnis hat und ihn das jeweilige Veterinäramt an der Grenze kontrolliert hat, soll der Tierarzt ihn noch einmal anschauen und der Schmied kommt auch noch“, sagt Malou Graf. Sie erhofft sich auch genaueren Aufschluss über das Alter des Neulings. „Er soll dreieinhalb Jahre alt sein, aber genau wissen wir das nicht.“
Sobald er sich eingelebt hat, ist ein schonendes Aufbauprogramm geplant. „Wir beginnen mit Spaziergängen und Bodenarbeit, damit die Muskulatur sich entwickeln kann. Anreiten werden wir ihn frühestens im Sommer“, sagt seine neue Besitzerin. Sie geht davon aus, dass der Wallach noch ein wenig wächst. „Im Augenblick schätze ich sein Stockmaß auf 1,35 Meter. Doch er ist hinten höher, da kommen sicher noch ein paar Zentimeter dazu.“
Dewi hat den größten Appetit für den Moment gestillt und inspiziert neugierig seine neue Unterkunft. Vorsichtig testet er die Tränke, schnuppert am großzügigen Einstreu und nimmt durch die Gitterstäbe Kontakt mit seiner Nachbarin Emma auf. Die lange Reise mit dem Schiff und über hunderte von Kilometern über die Straße scheint allmählich vergessen. Dewi ist endgültig im Tal angekommen.