Offen gesagt Ignoranz ist keine Toleranz

Es ist still geworden um die Frage, ob die Stadt Wuppertal mit 2300 Euro die Jugendarbeit der Türkisch-Islamischen Gemeinde Vohwinkel unterstützen soll. Dem verständlichen Aufbegehren der CDU-Fraktion im Jugendhilfeausschuss ist Schweigen gefolgt.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Auch bei der CDU. Vermutlich hat der Kooperationspartner im Stadtrat geschimpft. Die SPD will, dass die Vohwinkeler Ditib-Gemeinde das Geld bekommt — ohne nähere Prüfung, ohne die Frage danach, was das für Jugendarbeit ist, die dort gefördert wird, an wen sie sich richtet und welchen Inhaltes sie ist.

Das alles ist sowohl für die Wuppertaler SPD als auch für deren Vizevorsitzenden und Sozialdezernenten Stefan Kühn offenbar nicht so wichtig. Bisher ist Kühn nach eigenem Bekunden mit der Ditib in Wuppertal prima zurechtgekommen. Alles in Ordnung.

Wirklich? Nein. Es gibt einiges, das hinterfragt werden darf, ohne in den Verdacht zu geraten, islam- oder gar türkenfeindlich zu sein. In Deutschland sind Staat und Kirche strikt getrennt. In der Türkei nicht. Die Ditib ist ein Verein, der dem aktuellen, nicht sehr demokratiefesten Machthaber Erdogan nahe steht. Was noch schwerer wiegt, ist die Spitzelaffäre, von der Kühn noch nichts gehört zu haben scheint. Die Türkei bezahlt die Imame, die in Wuppertaler Moscheen predigen. Was sie predigen, bleibt in der Regel jedem verborgen, der des Türkischen und Arabischen nicht mächtig ist. Wenn der eine den anderen aber nicht verstehen kann, ist es schwierig mit der Integration, die sich die meisten von Herzen und aus Gründen der Vernunft zu Recht wünschen.

Die Realität ist eine andere. Nach dem Putsch in der Türkei im vergangenen Jahr fühlten sich Eltern von der Hatz auf Mitglieder der sogenannten Gülen-Bewegung so unter Druck gesetzt, dass sie ihre Kinder von der internationalen Schule an der Boltenheide abmeldeten. Der Solinger Trägerverein der Realschule wird mit Gülen in Verbindung gebracht. Schmähbriefe und Drohungen gegen die Lehrer waren die Folge.

Das ist ebenso bemerkenswert wie der Umstand, dass sich zwei Fußballvereine in Wuppertal einen Sportplatz auf der Kaiserhöhe nicht teilen können. Warum nicht? Der eine Verein besteht aus Türken, der andere aus Kurden.

All das geschieht im Jahre 2017 in einer westdeutschen Großstadt, die sich rühmen kann, fremdenfreundlich und weltoffen zu sein. Es geschieht, weil sich niemand richtig darum kümmert, weil kaum jemand genau hinschaut, weil niemand neue Zuwanderer oder alte an die Hand nimmt und ihnen hilft, sich in die Gesellschaft einzubinden, ohne dafür die eigene Identität aufgeben zu müssen. Es geschieht, weil Leute, die sich von Amtswegen darum kümmern müssten, offenbar ihre Ruhe haben wollen.

Deshalb war es von der CDU ein lichter Moment verantwortungsvoller politischer Arbeit, den Zuschuss an die türkisch-islamische Ditib-Gemeinde zu hinterfragen. Vielleicht leistet sie ja wirklich Jugendarbeit, die den Jugendlichen und deren Integration dient. Dann ist sie unterstützenswert. Und notwendig ist sie auch. Dass das Bergische Land als Salafistenhochburg gilt und sich zwei Fußballvereine aus politischen Gründen einen Sportplatz nicht teilen können, zeigt, dass in der Vergangenheit zum Nachteil aller einiges versäumt worden sein muss — nicht in erster Linie von den Zugewanderten, sondern von Stadtverwaltern und Politikern, die Toleranz mit Ignoranz verwechselt haben.