Offen gesagt Im Tal der Scheinriesen
Wuppertal. Die Halbwertszeit von Geistesblitzen ist in aller Regel nicht sonderlich lang. Aber 2017 ist gerade einmal 14 Tage alt. Da sollte sich ein jeder noch an die guten Vorsätze erinnern, die er in der Nacht zum 1. Januar oder in den Wochen zuvor gefasst hat.
Der Start in ein neues Jahr ist immer ein guter Zeitpunkt, Pläne umzusetzen - vorausgesetzt, es gibt welche. Was die Stadt Wuppertal angeht, wird 2017 demnach relativ langweilig. Von größeren Vorhaben ist bisher nichts bekannt geworden. Weder die Parteien im Stadtrat noch der Oberbürgermeister haben für das neue Jahr große Dinge angekündigt. Die Wiedereröffnung der B7 zählt dabei nicht, weil sie seit Jahren geplant ist und dank guter Arbeit(er) auch eintreten wird. Über dem Rest des Jahres liegt schon jetzt Mehltau.
Kleinmut prägt das Handeln und Denken in den Verwaltungsstuben Wuppertals. Die brillante Idee eines Gartenbauers, die Bundesgartenschau in die Stadt zu holen, wird mit dem Bergisch-typischen „Ja, aber“ beantwortet: Ja, aber wir brauchen zuerst eine Machbarkeitsstudie — und die sollen andere bezahlen. In einem Rathaus mit insgesamt 5000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz jenseits einer Milliarde Euro mutet es schon lächerlich an, dass geschätzte 150 000 Euro für eine Studie nicht aufzutreiben sein sollen. Wer auf den Enthusiasmus eines engagierten Bürgers so reagiert, der kann auch gleich sagen, dass er keine Lust hat auf Risiko, auf Arbeit, auf einen Wettbewerb mit anderen Städten, in dem Sieg und Niederlage naturgemäß nah beieinanderliegen. Ohne Mut keine Kraft, ohne Kraft keine Leidenschaft.
Wäre dies ein Einzelfall, dann ließe sich das ja noch hinnehmen, wenn auch schweren Herzens. Aber es gibt ja auch andere Beispiele. Das Bemerkenswerteste ist vielleicht die Diskussion um den Weihnachtsmarkt in Elberfeld. Den zu organisieren ist zwar in der Tat nicht Aufgabe des Einzelhandels, der ohnehin schon mit der Organisation einheitlicher Öffnungszeiten überfordert ist. Aber der Weihnachtsmarkt ist ganz bestimmt auch kein Anlass, eine weitere städtische GmbH mit Geschäftsführer und Sekretariat zu gründen. Für 100 Buden und ein paar gute Ideen braucht es keinen hoch bezahlten Manager, sondern ein paar Leute im Rathaus, welche die Ärmel aufkrempeln, mit Wuppertaler Institutionen, Unternehmen sowie Gastronomen reden und einen Markt mit Wuppertaler Note auf die Beine stellen — ohne Baseballkappen, Polyestersocken und Parfümimitate in Billigflakons. Dafür beispielsweise mit einer Eisbahn auf dem Laurentiusplatz. Das ist sicher nicht so einfach, wie es jetzt klingt, aber auch nicht so schwer, dass es nicht gelingen könnte. In dieser Stadt haben sich bisher schließlich immer Menschen gefunden, die sich für einen vernünftigen Plan begeistern lassen.
Die Signale des frühen Jahres sind leider andere. Sehr wahrscheinlich wird es in der siebtgrößten Stadt Nordrhein-Westfalens, in der 17.-größten Stadt Deutschlands im nächsten Winter keinen großen Weihnachtsmarkt geben. Und auch sonst ist von großen Plänen und hehren Zielen weit und breit nichts zu sehen oder zu hören.
Wen wundert es da noch, dass sich die Geschäftsführer des Unternehmens Wuppertal mit seinen 5000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 1,2 Milliarden Euro bei näherer Betrachtung als Scheinriesen herausstellen, als mutlose Verwalter des Sachstandes, die nicht mitreißen, sondern Mitleid erregen? Allenfalls.