Vorhut im olympischen Dorf

DKV-Sportdirektor Jens Kahl aus Wuppertal ist mit den deutschen Slalom-Kanuten bereits in London.

London. Während die Wuppertaler Schwimmer Sarah Poewe und Christian vom Lehn mit ihren Nationalmannschaftskollegen in Hamburg sozusagen in den „letzten Zügen“ liegen und erst am Dienstag nach London fliegen, ist ein anderer (Wahl-)Wuppertaler längst vor Ort: Jens Kahl, seit 2001 Sportdirektor des Deutschen Kanuverbandes, gehörte mit seinen Slalomspezialisten zu den ersten, die das Olympische Dorf bezogen haben.

Kahl, der seit drei Jahren am Dönberg wohnt, ist mit den fünf deutschen Slalomstartern bereits seit fast einer Woche in London, um sich mit den Gegebenheiten der brandneuen Olympiastrecke vertraut zu machen. „Ein neu gebauter künstlicher Kanal mit vielen Walzen, technisch sehr anspruchsvoll“, urteilt der 50-Jährige, der in der damaligen DDR bereits mit 14 Jahren wegen gesundheitlicher Probleme die Trainerlaufbahn einschlug.

Das stark leistungsorientierte DDR-Sportförderungssystem sieht er noch heute als Vorbild an. „Nach der Wende haben wir uns etwa an der Deutschen Hochschule für Körperkultur in Leipzig viel zu schnell den Strukturen aus dem Westen angepasst und mehr auf Breiten- und Rehasport gesetzt“, sagt Kahl, der nach einem Sportstudium in St. Petersburg selbst ab 1994 am Institut für Trainingswissenschaften der Uni Leipzig tätig war. Kahl fordert Eliteschulen für die Sportler. „Wer als 16-Jähriger erfolgreich sein will, muss 16 Stunden pro Woche trainieren. Und das geht nur in Abstimmung mit der Schule.“ Dass Wuppertal mit Christopher Bootz gerade einen Teilnehmer bei der Junioren-Europameisterschaft hatte, hat Kahl wohl registriert. „Am Beyenburger Stauseee vorbeizuschauen, hatte ich bisher aber keine Gelegenheit. Der See liegt nicht gerade auf dem Weg zum DKV-Sitz in Duisburg. Ich bin froh, wenn ich zu Hause am Dönberg ausspannen kann, das ist wie eine kleine Oase.“

Und wie kam er zur Oase Dönberg? „Der Liebe wegen“, sagt Kahl lachend. Seine Ehefrau Birgit Bormann hat am Ringelbusch ihre Zahnarztpraxis. Das Paar, das sich während der Abiturzeit im brandenburgischen Spremberg kennenlernte und während der Studienzeit in Russland aus den Augen verlor, fand 2000 nach einem Klassentreffen wieder zusammen.

Der Weg nach Westen war durch Kahls Tätigkeit beim DKV in Duisburg vorgezeichnet. Der Weg nach Wuppertal dadurch, dass seine Frau dort eine Praxis gefunden hat. Bis vor drei Jahren wohnte das Paar in Wülfrath. „Dann haben wir am Dönberg eine Doppelhaushälfte gekauft. Die ländliche Umgebung gefällt mir dort besonders.“

Es sind seine sechsten Spiele als Funktionär, deshalb wird er erstmals auf die Teilnahme an der Eröffnungsfeier verzichten. „Hier ist alles noch sehr chaotisch, vom Flughafen sind wir drei Stunden ins olympische Dorf gefahren, nachher kannten sich die Busfahrer gar nicht mehr aus“, schildert er seine ersten Eindrücke.

Die zweite Hälfte der Spiele wird er in Eton verbringen, da dort auf der Anlage der Hochschule ab dem 3. August die Kanurennen stattfinden. Insgesamt gelten die deutschen Kanuten wieder als besonders medaillenträchtig. Kahl: „Neun Medaillen, davon drei goldene, haben wir dem Deutschen Olympischen Sportbund als Ziel genannt. Ich gehe fest davon aus, dass wir das erfüllen können.“