Beziehung: Die Tücken der Arbeitsteilung

Verteilte Aufgaben sorgen für Sicherheit, können aber zur Falle werden.

Neuss. Ach wie harmonisch: Florian kümmert sich um den Wagen und den Rasenmäher, Katharina herrscht in der Küche und am Bügelbrett. Schließlich weiß er mit der Technik besser Bescheid. Und sie hat schon immer gern gekocht — doch wenn einer der Partner ausfällt oder stirbt, bringt diese Aufteilung erhebliche Probleme mit sich.

„Das klingt zwar ganz nach der althergebrachten klassischen Aufteilung, aber das macht ja erst einmal nichts“, sagt der Psychologe und promovierte Erziehungswissenschaftler Albert Wunsch, der in seiner Neusser Praxis unter anderem Paare berät.

„Arbeitsteilung in einer Beziehung ist grundsätzlich sinnvoll“, sagt Wunsch (Foto: privat/Fischer). Denn das spart schlicht Zeit und Energie. „Eine Spezialisierung schafft Sicherheit, Verantwortung, Klarheit. Sie bringt Ruhe in die Beziehung. Wenn geklärt ist, wer morgens das Geschirr abräumt, rennen auch nicht zwei Menschen umeinander und stoßen vor der Spülmaschine zusammen.“

Es gebe auch chaotische Paare, die meinten, das spiele sich alles von selber ein. „Doch das ist ein Trugschluss. Von alleine regelt sich gar nichts. Da setzt sich nur der Trägere durch.“

Wer welche Aufgaben übernimmt, das sei ihm aus therapeutischer Sicht egal — „solange sich jeder Partner frei entscheiden könne und alle Bereiche als gleichwertig anerkannt werden“. Bei den Dingen, die keiner gerne macht wie Kloputzen und Ähnliches, müsse man eben einen Kompromiss finden, den beide als gerecht akzeptieren. Und man muss sich aufeinander verlassen können und akzeptieren, dass der Partner seine Aufgaben anders erledigt, als man es selber täte.

Bei den über 50-Jährigen halten sich nach Schätzung von Wunsch etwa 60 bis 70 Prozent an die klassische Aufteilung — der Mann ist fürs Grobe zuständig, die Frau für die feineren Tätigkeiten. Bei Paaren von 25 Jahren an aufwärts gehe es eher darum, wer was besser kann, sagt Albert Wunsch. Das erlebt er auch in der eigenen Familie. Da seine Frau eine Großküche geleitet hat, macht den Söhnen in punkto Einkauf und Haushalt keiner so schnell etwas vor.

Doch die praktische Aufteilung hat auch einen entscheidenden Nachteil: Sie macht unselbstständig. Wenn ein Partner zur Fortbildung fährt oder ins Krankenhaus muss, steht dem anderen eine stressige Zeit bevor, weil sie nach Jahren wieder eine Überweisung machen soll oder er keine Vorstellung hat, wie sich wohl ein Spiegelei essbar zubereiten lässt. „Das sind wichtige Phasen zum Überprüfen der Aufteilung“, sagt Wunsch, der das auch in seinem Buch „Boxenstopp für Paare“ thematisiert.

Eigentlich muss man sich damit beizeiten beschäftigen, damit die Aufteilung nicht zu einem Handicap wird. Denn wenn ein Partner übrigbleibt, kommt für ihn zur Trauer noch ein Wust unbekannter Aufgaben hinzu.

Das fängt bei kleinen Dingen an, wie bei der Wuppertaler Geschäftsfrau, der nach dem Tod ihres Mannes auffiel, dass sie noch nie in ihrem Leben getankt hatte. Dieses Problem ist mit einer Frage an der Tankstelle leicht aus der Welt zu schaffen. Bei Steuererklärungen und anderen finanziellen Dingen ist das Problem entschieden größer.

Schon junge Paare sollten sich deshalb mit dem Thema auseinandersetzen, sagt Wunsch, weiß aber aus seiner Praxis, dass sie das selten tun. Bei Älteren sei die Handlungsnotwendigkeit noch größer, denn im statistischen Schnitt überlebt einer den anderen um fünf bis acht Jahre. Doch auch sie verdrängten das Thema Tod. „Oft braucht es dafür einen Anstoß von außen, dann fällt die Sache leichter“, so Wunsch.

Dabei kann es ein großer gegenseitiger Liebesdienst sein, wenn man frühzeitig und ruhig seine Erfahrungen teilt — wie das mit Überweisungen im Internet geht, wie das mit den Handwerkern läuft, wie das Lieblingsgericht zubereitet wird oder wenigstens, wie die Mikrowelle funktioniert.

Wenn sich der Alltag als festgefahren erweist, empfiehlt Wunsch eine radikalere Lösung: Eine Woche lang die Aufgaben tauschen — „da kommt unheimlich Bewegung in die Sache“.