Aus dem Busch ans Meer

Western Australia. So richtig geplant hat die Jillaroo Julie nicht, als sie bei einem der raren Stadtbesuche einfach mal einen Flug von Darwin nach Broome gebucht hat. Sonst hätte sie gewusst, dass Broome in der Hauptsaison 30.000, jetzt in der Regenzeit aber nur 14.000 Einwohner hat - zu einem großen Teil Aborigines.

Rote Klippen ragen am Gantheaume Point auf.

Foto: Juliane Kinast

Dass die Stadt 2000 Kilometer in jede Richtung von den nächsten interessanten Orten entfernt ist. Und dass in Western Australia zu dieser Jahreszeit die allermeisten Touren gar nicht mehr angeboten, die Nationalparks dicht gemacht werden. Es ist einfach zu heiß.

Aber zu meiner Verteidigung: Ich brauchte psychologisch einfach einen fixen Zeitpunkt, an dem die Zeit im Busch endgültig vorbei sein würde. Und der Flug war spottbillig... Also Broome. Es ist ein Örtchen, durch das man mit dem Town Bus für vier Dollar fährt und immerzu denkt: Das war doch jetzt genug des Vorortes, wann kommt denn die Stadt? Aber genau da befindet man sich in Chinatown, dem Herzen Broomes - mit seinem Supermarkt, zwei bis drei kleinen Pubs, einem Nachtclub und der zugegebenermaßen grandiosen Hausbrauerei Matso's mit ihren Bieren und Ales in Geschmacksrichtungen von Ingwer bis Chilli.

Letzte Abenteuer am anderen Ende der Welt
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Und mit Sun Pictures, dem laut abblätternder Holztafel ältesten Gartenkino der Welt (wir wollen es den Inhabern einfach mal glauben). Als ich mir einen Film ansehen will, bleibt die Tür mit einem Vorhängeschluss bis zehn Minuten vor offiziellem Beginn verrammelt, weshalb ich schon fast aufgeben will. Aber dann sperrt eine freundliche Asiatin doch noch auf, eine Verwandte verkauft frisches Popcorn - und der Film wird von kreischenden Vögeln, die durch den Garten, sowie riesigen Jets, die über den Garten fliegen (der Flughafen von Broome liegt genau in der Mitte des Städtchens; aber viel Verkehr herrscht ja auch nicht), untermalt, übertönt, aufgepeppt.

Als Besucher muss man Broome entweder sofort hassen - oder irgendwie liebenswert finden. Ich tendiere zu Letzterem. Vor allem weil ich so klug war, mir ein Hostel außerhalb des pulsierenden Stadtzentrums von Chinatown zu nehmen - und stattdessen fünf Minuten Fußmarsch vom berühmten Cable Beach entfernt. Und über den kann es eigentlich keine unterschiedlichen Meinungen geben. Kilometerlang und bei Niedrigwasser etliche hundert Meter breit, weißer Sand, klares Wasser. Das buschgeplagte, ausgedörrte Mädchen in mir jubiliert und kann vom Plantschen gar nicht genug bekommen. Bis ein Warnschild am Zugang zum Strand aufgestellt wird, am Tag zuvor - also als ich plantschte - seien Krokodile gesichtet worden. Das war es dann mit Badespaß.

Stattdessen wandere ich am Strand entlang zum fünf Kilometer entfernten Gantheaume Point mit seinem Leuchtturm, wo man angeblich 120 Jahre alte Dinosaurier-Fußabdrücke im Stein sehen kann. Ich allerdings nicht, dank der Flut (auch eine Woche später habe ich übrigens noch immer keinen Menschen getroffen, der sie je gesehen hat und beginne argwöhnisch, einen fiesen PR-Trick zu vermuten...). Die rötlichen Felsen und der einsame Strandspaziergang sind den Ausflug dennoch wert.

Das Cowgirl lernt gezwungenermaßen, sich mal wieder zu langweilen - nach fast einem halben Jahr mit Bis-zu-17-Stunden-Tagen und ohne freie Wochenenden. "In Broome kann man gut nichts tun", sagt Wardy, der Manager des Cable Beach Backpackers bei meiner Ankunft zu mir. Und er hat Recht. Das Gute ist, dass man als Backpacker (also Rucksackreisender) in Australien immer Menschen findet, die mit einem nichts tun. Mit Lissy und Alica, zwei deutschen Mädels, einer Gruppe französischer Jungs und den Angestellten im Hostel kann man auch einfach mal nachmittags am Pool ein kühles Bier trinken. Lesen, rumhängen. Ab und zu abkühlen im Wasser. Wir sind kollektiv faul. Zumindest bis die anderen zu ihren diversen Jobs als Hausmädchen im Luxus-Hotel oder Barkeeper in der Divers Tavern abhauen. Und dann erwacht mein Tatendrang doch wieder...