Auch mal Anschreien: DFB-Defensive rückt zusammen
Frankfurt/Main (dpa) - Vor mehr als 73 000 Zuschauern half manchmal nur Schreien, beim zweiten WM-Auftritt will die deutsche Defensive alle Kommunikationsprobleme beseitigen.
Nach dem wackligen Start beim 2:1 gegen Kanada unter dem Lärm der europäischen Rekordkulisse in Berlin setzt auch Nadine Angerer auf das gewohnt „blinde Verständnis“ ihrer Vorderleute. „Wir haben eine clevere Abwehr. Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass sie es gegen Nigeria besser machen“, meinte die Torfrau vor der Partie gegen den Afrikameister am Donnerstag.
Nachdem die Null in allen Testspielen stand, hinterließ die Premiere bei der Heim-WM einige offene Fragen über den Defensivverbund, der im Eröffnungsspiel das erste Tor des Jahres zuließ. Zu tief stand die Viererkette am eigenen Strafraum, zu groß waren die Abstände zum Mittelfeld. „Das wollen wir alles besser machen. Wir müssen als Mannschaft enger zusammenstehen und uns in diesen Situationen gegenseitig helfen“, sagte Saskia Bartusiak. Auch die ungewohnte Umgebung schien zum flattrigen Eindruck beigetragen zu haben. „Es war eine Umstellung, es ist super laut gewesen. Da muss man sich schon ziemlich anschreien“, meinte die Innenverteidigerin.
Während die viel gerühmte Offensive auch bei der Heim-WM im Fokus steht, findet die Leistung der Verteidigerinnen meist nur wenig öffentliche Wertschätzung. „Ich brauche da keine besondere Würdigung“, meinte die zum Auftakt starke Rechtsverteidigerin Babett Peter gelassen.
Ähnliche Personaldiskussionen wie um die Besetzung der Offensive sind kaum zu erwarten. Seit dem ersten gemeinsamen Auftritt im EM-Finale 2009 gegen England (6:2) gilt die Abwehrkette mit den Außen Linda Bresonik (27) und Peter (23) sowie Bartusiak (28) und Annike Krahn (25) in der Zentrale als Idealbesetzung. Doch wegen des ewigen Verletzungspechs konnte das Quartett erst fünfmal zusammen in der Startformation auflaufen und sich erst in diesem Jahr dauerhaft aufeinander abstimmen. „Es ist sehr wichtig, dass man sich blind versteht in der Abwehr“, lobte Peter die Verständigung mit ihren Kolleginnen.
Anführerin in der Zentrale ist die von einem Kreuzbandriss genesene Duisburgerin Krahn. Auch nach ihrer punktgenauen Rückkehr zur Heim-WM gibt die Bochumerin die Kommandos auf dem Platz. „Keine coacht so gut wie Annike“, charakterisiert Bundestrainerin Silvia Neid ihre „Abwehrchefin“. „Wenn sie nicht spielen kann, bekommen wir ein Problem.“
Aber auch ein Ausfall beim weiteren Stammpersonal wäre nur schwer zu kompensieren. Lena Goeßling (25) und Verena Faißt (22) nehmen an ihrem ersten großen Turnier teil, die 21-jährige Bianca Schmidt hat sich zumindest beim Titelgewinn 2009 auf der EM-Bühne bewiesen. Die erfahrene Defensivallrounderin Ariane Hingst (31) hat seit ihrer schweren Knieverletzung bei der EM 2009 erst zwei Partien von Beginn an bestritten und spielte - wenn überhaupt - im defensiven Mittelfeld.
Seine Sicherheit will das gesamte Defensivteam auch gegen Nigeria zurückgewinnen. Und auch 48 817 lautstarke Zuschauer in Frankfurt können die Abstimmung aus Sicht von Saskia Bartusiak nicht stören. „Wir sind so gut eingespielt, dass jeder weiß, was zu tun ist“.