Geheimnis Nordkorea: WM-Gastgeber enttäuscht
Dresden (dpa) - Herr Kim kennt kein Pardon. Mit seiner Diktatur der Abschottung hat der Trainer der nordkoreanischen Fußball-Frauen die zarten Hoffnungen der WM-Gastgeber auf einen freundlich-offenen Auftritt des Teams aus dem kommunistischen Regime bitter enttäuscht.
Das Besuchsprogramm in Leipzig sagte die Delegation ebenso ab wie nun auch einen Empfang am Auftakt-Spielort Dresden. Beim 3:0 im WM-Test gegen England in Halle/Saale durfte niemand zuschauen, auch das Training ist zumeist geheim. Dabei hatte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) nach einer hochkarätig besetzten Reise nach Nordkorea noch auf einen Klimawandel beim WM-Geheimfavoriten gehofft.
„Der Fußball öffnet Grenzen“, hatte WM-Organisationschefin Steffi Jones damals erklärt. Doch Nordkoreas Coach Kim Kwan-Min setzt seit der Ankunft seiner Auswahl in Deutschland knallhart auf die Strategie der Kasernierung. Man darf fest davon ausgehen, dass er dabei von der politischen Führung in der Heimat „ferngesteuert“ ist. Zumindest trägt er am Revers einen kleien Anstecker mit dem Bildnis von Staats- und Parteichef Kim Jong Il.
Reden darf vor der WM nur der Trainer, und der lehnt Interviewwünsche vor dem Auftaktspiel am Dienstag in Dresden gegen die USA mit Verweis auf die noch zu leistende Arbeit und die Konzentration meist ab. Die Spielerinnen sieht man kaum, lediglich wenn sie in den Bus steigen oder nach dem Training wieder ins Teamhotel zurückkommen.
„Man hat uns gegen Deutschland gesehen, man hat uns gegen Kanada gesehen. Jeder kennt jetzt unsere Stärken und Schwächen“, verteidigt Kim Kwan-Min seine Taktik. Fast schon etwas resigniert meinte Steffi Jones zuletzt: „Wir werden auf unserer Ebene versuchen, weiterhin die Freunde aus Nordkorea zu öffnen. Das ist nicht leicht, wir werden das Thema aber weiter in Verbindung mit dem Verband in den Blick nehmen.“
Im April war Jones gemeinsam mit DFB-Präsident Theo Zwanziger und Grünen-Parteichefin Claudia Roth nach Nordkorea gereist, ein Kooperationsvertrag sollte den Boden für mehr Offenheit bereiten - auch in den WM-Tagen. Doch weder in Leipzig noch in Dresden war davon bisher etwas zu spüren. Sogar der vom OK als Verbindungsmann und Dolmetscher eingesetzte Marcus Han, ein Deutsch-Südkoreaner, hat das nordkoreanische System schon verinnerlicht. Han spricht grundsätzlich in der Wir-Form und dürfte somit auch das Vertrauen der Delegation gewonnen haben.
Selbst im eigenen Land erfährt man derzeit nicht viel von den mit einem Durchschnittsalter von 20,11 Jahren jüngsten WM-Kickerinnen um die hochgelobte Regisseurin Jo Yun-Mi. Frauenfußball hat noch nicht den Stellenwert der Männerkicker. Bei der WM im vergangenen Jahr wurden die Spiele live im Fernsehen gezeigt. Nach der 0:7-Schlappe gegen Portugal wurde das aber wieder eingestellt. Möglicherweise wartet man nun erstmal den Turnierverlauf ab. Allerdings ist nicht einmal eine handvoll nordkoreanischer Journalisten für die WM akkreditiert.
Entscheidend dürfte bereits das erste Spiel gegen Erzfeind USA werden. „Sie sind Weltranglisten-Erster, wir Achter. Die Amerikanerinnen sind eins der besten Teams der Welt. Da sind wir Außenseiter. Wir wollen die Vorrunde überstehen, was schwer genug wird. Sollten wir das schaffen, sehen wir von Spiel zu Spiel“, meint Coach Kim Kwan-Min. Seinem Team wird in der schweren Gruppe C, zu der neben den USA noch Kolumbien und Schweden gehören, Platz eins oder zwei, die zum Weiterkommen berechtigen, durchaus zugetraut.