Laudehr erlöst das deutsche Team
Die Mittelfeldspielerin erzielt das 1:0 gegen Nigeria und sorgt für große Erleichterung nach schwachem Spiel.
Frankfurt. Birgit Prinz klatschte die Bundestrainerin Silvia Neid ab, als wollte sie ihr die Hand brechen. Sie ärgerte sich, ihr Gesicht verriet Verbissenheit, fast wären der deutschen Taktgeberin ohne Taktgefühl die Tränen gekommen.
Wieder musste die Spielführerin vom Feld, 52 Minuten nur waren ihr im zweiten deutschen WM-Spiel vergönnt. Aber Prinz, mit 14 Treffern erfolgreichste WM-Torschützin aller Zeiten, hatte in diesen Minuten ausschließlich Frusterlebnisse gesammelt. Gerade hatte sich die 33-Jährige frustriert in den Hartschalensitz fallen lassen, da bereitete ihr Ersatz, die Duisburgerin Inka Grings, das Tor von Simone Laudehr zum 1:0 vor (54.).
Ein Schuss wie eine Erlösung, der Prinz wie Hohn vorgekommen sein mag. Und die Zuschauer sangen, als wollten sie Deutschlands zweifache Weltmeisterin quälen: „Jetzt geht’s los!“
Die Freude über ein mit 48 817 Menschen voll besetztes Stadion hatte sich 45 Minuten lang ins Gegenteil verkehrt. Weil die Menschen auf den Rängen böse enttäuscht wurden. 0:0 zur Halbzeit, das deutsche „Sommermärchen reloaded“ war arg ins Stocken geraten. Kein Plan, keine Einheit, kein Zusammenspiel — da pfiff das Frauenfußball-Publikum, als hätte die Frankfurter Eintracht ihren Abstieg in die 2. Liga noch einmal besiegelt.
Silvia Neid waren zu diesem Zeitpunkt längst die Gesichtszüge entglitten. Sie schimpfte und zeterte. Wenn Neid schon nach dem 2:1-Auftaktsieg gegen Kanada nicht zufrieden war, was musste erst dann in ihr vorgehen?
Nichts hatte Neid verändert. Und doch schien auf einmal alles falsch zu sein. Celia Okoyino da Mbabi? Fand nicht mehr statt. Kerstin Garefrekes? Ein Schatten ihrer selbst. Es gab kein Aufbauspiel aus der Abwehr und schon gar nicht über Kim Kulig und Laudehr in der Mitte. Es gab nicht einen brauchbaren Angriff.
Stattdessen bissen sich die deutschen an den griffigen und manchmal überhart agierenden „Super Falcons“ aus Nigeria die Zähne aus. Noch am 25. November des vergangenen Jahres waren die Afrikanerinnen bei der 0:8-Testspiel-Niederlage in Leverkusen zur Lachnummer verkommen. Aber das mit dem Lachen hatte sich Abend schnell erledigt. Erst als Neid eine kurze, heftige Kabinenansprache gehalten und Prinz vom Feld befohlen hatte, löste sich die deutsche Bremse.
Viel mehr als das Tor im Nachschuss von Laudehr kam aber nicht dabei heraus. Und so war die deutsche Prognose über das Ergebnis hinaus auch aufgrund einer Verletzung von Melanie Behringer am rechten Fußgelenk eine schlechte: Gegen Frankreich muss für den Gruppensieg am Dienstag in Mönchenladbach ein Sieg her. Dann vielleicht ganz ohne Prinz.