Eine Rettung namens Sonja

olaf kupfer: mein Tagebuch

Ich denke in diesen Tagen an Sonja. Als ich unlängst die Fotoalben der Kindheit durchstöberte, fielen mir vereinzelte Zeitungssausschnitte in die Hand. Als wir jung waren, so verhieß mir das Gedruckte und auch Vergilbte, waren wir sportlich ganz ansehnlich unterwegs. Meister im Alter von sieben Jahren, Pokalsieger, Hallenkreismeister? Mit acht wiederholte sich das. Der Vietnamese Hong, der Türke Murat, meine Bescheidenheit — und das Mädchen Sonja. In einem Trikot. Wir gewannen und feierten mit Sunkist und Capri-Sonne. Und Sonja trank mit. Wie ein Turm stand sie in unserer Abwehr. Etwas steif in der Hüfte, aber kompromisslos. Still, aber unbarmherzig.

Unsere Wege trennten sich in der D-Jugend. Sonja kickte fortan mit Ihresgleichen, meine Karrierekurve knickte ab. Die Fotoalben sind nur noch ein gnadenloser Zeuge der Erfolglosigkeit. Warum ich das alles erzähle? Nun, auch 25 Jahre später bin ich mir sicher: Nicht auch nur ein einziges Mal in meinem Leben habe ich mich gefragt, wieso ich mit einem Mädchen Fußball spiele. Wer also auch immer mir in den vergangenen Wochen eine im Ansatz chauvinistische Sicht auf den Frauenfußball vorgeworfen hat, der möge nun demütig auf dieses Fanal blicken: Auf Sonja. Meine Rettung.