Neue Gelassenheit: Prinz will Highlight genießen

Berlin (dpa) - Zwei WM-Titel, fünfmal Europameisterin - das Highlight der 17-jährigen Länderspiel-Karriere von Birgit Prinz soll aber zum Schluss kommen. Vor ihrem letzten großen Auftritt zeigt sich die Rekordfrau ungewohnt entspannt - und will die Heim-WM einfach genießen.

Der Gedanke an die Zeitenwende im Frauenfußball zaubert Birgit Prinz ein Lächeln auf das Gesicht. Pressekonferenzen vor hundert Journalisten, mehr als 73 000 Zuschauer zum Auftakt - als die Rekordnationalspielerin vor 17 Jahren ihre ruhmreiche Laufbahn im DFB-Trikot startete, wäre an den heutigen WM-Trubel nicht ansatzweise zu denken gewesen. „In Kanada waren wir damals mit einem Arzt, einem Physio und zwei Trainerinnen - das war's“, erinnerte die 33 Jahre alte Stürmerin an ihre Länderspielpremiere beim 2:1 über Kanada am 27. Juli 1994 in Montreal.

Im Berliner Olympiastadion schließt sich für Prinz der Karrierekreis. Wehmut empfindet sie vor ihrem letzten großen Turnier, das mit der Partie gegen die Nordamerikanerinnen am Sonntag (18.00 Uhr/ARD und Eurosport) beginnt, aber noch nicht. „Vielleicht kommt das zum Ende hin. Im Moment ist es mehr so, dass ich es bewusster wahrnehme und mir vorgenommen habe, es zu genießen.“

Mit der Routine aus 212 Länderspielen und vier WM-Turnieren soll auch die europäische Rekordkulisse in der Hauptstadt zum puren Vergnügen werden. „Wenn wir gut spielen, ist es wesentlich cooler, wenn sich über 70 000 freuen, jubeln und die Welle machen, als wenn es nur 150 sind“, meinte sie angesichts der ausverkauften Arena.

Ihr Sport hat sich von grundauf gewandelt, Prinz ist geblieben. Obwohl die jungen Offensivwilden um Alexandra Popp (20) oder Celia Okoyino da Mbabi (22) nachdrängen und die WM-Rekordtorschützin dieses Jahr noch ohne Treffer ist, setzt Silvia Neid von Beginn an auf ihre älteste Spielerin im Kader. „Wenn eine Birgit Prinz im Strafraum auftaucht, hat jeder Gegner nach wie vor enormen Respekt“, schwärmte die Bundestrainerin, die 1994 beim Prinz-Debüt noch an ihrer Seite spielte.

Neids Vertrauen zahlte sich schon vor zwei Jahren aus, als Prinz bei der EM in Finnland fünf Partien torlos blieb und die deutsche Auswahl im Endspiel mit zwei Treffern zum Titelgewinn gegen England (6:2) schoss.

Nicht nur für Torhüterin Nadine Angerer ist die dreimalige Weltfußballerin weiter „nicht wegzudenken“. „Birgit ist für uns eine riesengroße Stütze“, lobte Sturmpartnerin Inka Grings, „sobald sie auf dem Platz ist, fokussieren sich meistens zwei Gegenspielerinnen auf sie.“

Wenn Prinz die gegnerischen Abwehrreihen müde geackert hat, sollen die Einwechselspielerinnen um Popp und Co. für frischen Wind sorgen. „Keine Stürmerin wird 90 Minuten durchspielen, dafür sind wir zu stark besetzt. Das zählt für mich wie für jede andere auch“, meinte die mit 14 Treffern erfolgreichste WM-Torschützin.

Diese ungewohnte Gelassenheit zeigte die ansonsten zuweilen als medienscheu charakterisierte Prinz mit dem Wissen um ihren letzten großen Auftritt in der gesamten heißen Phase der Vorbereitung. Nach der Karriere will die Diplom-Psychologin mit einer Managementberatung ein Institut für Leistungspsychologie aufbauen und Menschen aus Wirtschaft sowie Sport beraten. Zuvor will sie aber mit dem Motto „Mein Bestes geben und dann schauen wir mal“ noch einmal „ein Highlight“ erleben: „Ich würde gern mit dem Pokal abtreten.“