Nur ein Schubser trübt Martas einzigartige Gala

Wolfsburg (dpa) - Der Ärger über Martas vorentscheidendes Foul schien nach dem Abpfiff schon vergessen. Ungeachtet der Rempelei vor dem ersten Treffer baten mehrere Norwegerinnen fast demütig um das Trikot des brasilianischen Superstars - und erhielten nach dem 0:3 eine weitere Abfuhr.

Das begehrte gelbe Leibchen mit der Nummer zehn landete nicht bei den Souvenir-Sammlerinnen aus Skandinavien, sondern wieder beim brasilianischen Zeugwart. „Alle wollten mit mir das Trikot tauschen, das machen wir sonst auch so“, berichtete die bestens gelaunte Brasilianerin: „Aber die Delegation hat das nicht gestattet.“

So standen die Norwegerinnen nach der beeindruckenden One-woman-show im doppelten Sinne mit leeren Händen da, während die Brasilianerinnen auf dem Rasen den vorzeitigen Einzug ins Viertelfinale der WM feierten und später in den Katakomben eine kleine Samba-Show lieferten.

Die Kolleginnen tanzten und musizierten im Untergrund des Wolfsburger Stadions, während die umschwärmte Marta von Journalisten aus aller Welt umlagert wurde. Marta hier, Marta dort - Marta überall.

Fröhlich und freundlich antwortete die kleine, zierliche Frau mit dem riesigen Talent. Die 162 Zentimeter messende Weltfußballerin philosophierte dabei auch, dass sie „noch mehr Fans haben möchte und ihnen Inspiration geben“ wolle.

Die meisten Zuschauer in Wolfsburg fühlten sich allerdings zu Pfiffen und Buh-Rufen inspiriert. Martas klares, aber nicht geahndetes Foul an Nora Holstad Berge vor dem ersten von zwei Treffern ärgerte das Publikum. Der Unmut klang später indes ab. Denn dem Zauber ihrer Vorstellung konnten sich die meisten Fußball-Liebhaber nicht entziehen.

Die Frage nach den Pfiffen gegen sie lächelte die 25-Jährige einfach weg, erzählte stattdessen von der Vorliebe der europäischen Fans für europäische Teams. Gut gelaunt erzählte Brasiliens Superstar lieber, „dass es kein Foul war“. Es sei „keine Absicht gewesen. Ich denke, dass sie gestolpert ist, von selbst.“ Ihr Spiel ist deutlich besser als ihre Ausreden.

Die offensichtliche Regelwidrigkeit war allerdings nur ein kleiner Schönheitsfehler bei einem staunenswerten Auftritt. Martas Treffer (22., 48.) und ihre Vorlage für Rosanas Tor (46.) waren schlicht weltklasse. Sie zeigten ihre spielerische Einzigartigkeit, ihre Ausnahmestellung.

„Gott sei Dank ist Marta Brasilianerin“, sagte Trainer Kleiton Lima voller Bewunderung. Ihre Technik gepaart mit Schnelligkeit machen sie unwiderstehlich. Die Norwegerinnen sahen staunend zu, wie Marta sie durcheinanderwirbelte.

„Ich muss auf dem Boden bleiben, um spielen zu können“, sagte die viel umschwärmte Spielerin: „Und deshalb bleibe ich auf dem Boden.“ Ihr Trainer bescheinigte ihr, dass sie „bodenständig, bescheiden und genial“ sei. Der größte Star des Frauen-Fußballs verlange „keine Privilegien“. Das mache es ihr „möglich, brillant zu sein“.

„Alle profitieren von ihrem Talent und ihrer Erfahrung“, erklärte der Coach. Das macht die Mannschaft aber auch abhängig von ihr. Ohne Martas Geistesblitze läuft nicht viel bei den Brasilianerinnen, die mit ihrem antiquierten System mit Libero und Vorstopper anfällig sind. Den anfangs gut organisierten Norwegerinnen fehlten die technischen Mittel, um das zu nutzen. Im Viertelfinale gegen Schweden oder die USA reicht allein eine Marta in Galaform aber kaum aus.