Nur „Schalalalala“ - Frauen-WM ohne Fußball-Hit
Fußballfans singen gern und laut, man könnte das auch grölen nennen. Beim Frauenfußball geht es auf den Rängen meist etwas leiser zu. Doch auch aus den Lautsprechern schallt bei dieser WM wenig, was sich als mitreißende WM-Hymne eignen würde.
Berlin (dpa) - Fußballsongs sind eine eigenartige Sache: Haben sie sich einmal bei den Fans im Ohr festgesetzt, dann werden sie zum Stadion-Evergreen - egal ob sie zum eigenen Team passen, musikalisch gelungen oder plump sind.
So singen deutsche Fans ungerührt den 1996er England-Hit „Three Lions (Football's Coming Home)“, weckt Shakiras „Waka Waka“ auch im Nach-Südafrika-Jahr WM-Begeisterung und reizt die eher schräge Sportfreunde-Stiller-Nummer „54, 74, 90...“ immer noch zum Mitgrölen. Bei der Frauen-WM ist das bislang anders: Über die Hälfte aller Partien ist bereits gespielt, dennoch hat sich bislang kein WM-Lied als echter Fanmeilen- oder Stadionkracher erwiesen - obwohl es eine breite Auswahl gibt.
Das ZDF bietet bei seinen Übertragungen passend zum Sportevent des Jahres Ex-Sporty-Spice Melanie C auf. Ihr Popsong „Rock Me“ bietet zwar schnelle Beats und einen dynamischen Rhythmus, taugt aber eher zum Tanzen in der Disco als zum Abfeiern auf der Fanmeile. Und der zweite ZDF-Song, Frida Golds „Wovon sollen wir träumen“, dürfte verträumten Anhängern deutscher Dancemusik sicherlich gefallen, aber Fußball-Fans? Wohl eher nicht.
Der offizielle FIFA-WM-Song kommt von einer Unbekannten: US-Castingsternchen Alexis Jordan singt „Happiness“ - der Titel passt zu einem Fußballfest, der Song leider nicht: Ein austauschbarer Electrobeat plätschert ohne echten Höhepunkt dahin - das Lied würde man im Stadion nicht einmal beim Bratwurstholen bemerken. Immerhin darf sie ihn bei der WM-Abschlussparty in Frankfurt singen.
Die ARD liegt textlich ziemlich daneben mit dem nicht ganz neuen Pink-Lied „Fuckin' Perfect“, vom musikalischen Dahindriften zwischen Liedermacher-Pop und großer Pop-Geste mal ganz zu schweigen. Andererseits: Wäre ein WM-Hattrick der deutschen „Sommermädchen“ nicht irgendwie „Fuckin' Perfect“?
Apropos „Sommermädchen“: Das Wortspiel in Anspielung an das Männer-Sommermärchen 2006 hat etliche Musikschaffende inspiriert - zu mehr oder weniger originellen Kompositionen, wie ein Streifzug durchs Netz zeigt. Marry, Schlagersternchen aus dem Westerwald, trällert zu Disco-Fox-Beats „Sommermädchen fürs Sommermärchen“ - Textzeile: „Wir sind Feierbiester und holen den Pokal“. Autsch...
Weniger schmerzhaft klingt da das Amateur-Projekt Die Sommermädchen, das ein hübsches, etwas kinderliedartiges „Wir werden wieder Weltmeisterin“ singt. Damit haben sie es immerhin bis ins ZDF-„Morgenmagazin“ geschafft - auch mit diesem verbalen Ausrutscher: „Ihr habt die Eier, macht das nächste Sommermärchen wahr“. Ironische Anspielung auf Olli Kahns Ausbruch („Eier, wir brauchen Eier“), oder?
Auch Maskottchen Karla Kick hat einen eigenen Song: „Ready Or Not“ vom Michael Mind Project feat. Sean Kingston - doch der ist leider weit weniger nett als die WM-Katze. Schon die ersten Sekunden drücken dem Hörer einen stampfenden Billig-Beat in die Ohren - schlimm.
Immerhin singt Marta Jandovà, Frontfrau der Rockband Die Happy, für den DFB so etwas wie eine WM-Hymne, die mit den richtigen Jubelbildern unterlegt durchaus für Gänsehaut sorgen könnte: „Sister Hit The Goal“ schwächelt aber beim Mitgrölfaktor. Den hat Angela Peltner, die beim WM-Song-Wettbewerb des Nachwuchsförderungsprojektes Local Heroes gewonnen hat: „Ladies (bringt uns den Pokal nach Haus)“ - aber ob diese Außenseiter-Hymne den Stadion-DJs bekannt ist?
Was bleibt also den Zehntausenden Fans in den WM-Stadien und auf den Fanmeilen? Der Griff zu musikalischen Fußball-Allzweckwaffen: „Oh, wie ist das schön“ schallte es beim ersten Deutschland-Spiel durchs Berliner Olympiastadion, „Jetzt geht's los“ intonierten die Fans nach dem 1:0 gegen Nigeria und immer wieder heißt es: „Schalalalala“ oder „Oh, Oh, Oh, Oh, Oh, Ooh“, nach dem Rhythmus des White-Stripes-Hits „Seven Nation Army“. Echte (Fußball)-Gefühle brauchen eben keine Worte.