Finale im Olympia-Stadt-Casting: Berlin oder Hamburg?
Düsseldorf (dpa) - DOSB-Präsident Alfons Hörmann wird an diesem Montag in Frankfurt/Main die bedeutendste Entscheidung für den deutschen Sport seit Jahren verkünden. Berlin oder Hamburg?
Welche Stadt schickt der Deutsche Olympischen Sportbund (DOSB) in das internationale Rennen um die Olympischen Spiele und Paralympics 2024 und möglicherweise auch 2028.
„Wir werden nicht gegen jemanden, sondern für die richtige Stadt entscheiden“, betonte Hörmann vor dem Finale des Olympia-Stadt-Castings. „Oberstes Ziel ist, die Spiele nach Deutschland zu holen. In welche Stadt ist wichtig, aber sekundär.“
Der oberste deutsche Sportfunktionär ist überzeugt, dass Berlin und Hamburg mit ihren Konzepten beim Kongress des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) im Sommer 2017 in Lima/Peru eine Siegchance haben - auch gegen einen US-Bewerber Boston oder Rom.
„Dass die USA zumindest gefühlt mit einer großen Favoritenrolle unterwegs sind, mag sein“, sagte Hörmann. „Der Startblock steht für alle an der gleichen Stelle.“ Nirgends gebe es mehr Überraschungen wie im Wettstreit um die Vergabe internationaler Sportgroßereignisse.
Die acht DOSB-Präsidiumsmitglieder haben eine schwierige Entscheidung von großer Tragweite zu treffen. Hat das hippe, weltweit bekannte Berlin mit dem Hauptstadt-Bonus größere Chancen als die charmante Hafenstadt Hamburg? Schließlich ist Berlin mit der Bewerbung um die Olympischen Spiele 2000 gescheitert. Hamburg schaffte es für 2012 nicht mal in die Vorauswahl.
„Jeder Bewerber muss erst mal den Weg gehen. Und dass da viele Themen hineinspielen bis zum Tag X, ist klar“, weiß Hörmann. Deutschland habe aber „in der Sportwelt eine hohe Akzeptanz“.
Die DOSB-Führung will ihr Votum auf Grundlage von zehn Kriterien treffen: Angefangen bei Sportstätten, Finanzen, Umwelt, Nachhaltigkeit und Vision bis zur Planung der Olympischen Dörfer, der Unterbringung oder dem Transport wird alles geprüft und verglichen. Außerdem hat Hörmann für Sonntag die Vertreter der Verbände und Landessportbünde sowie unmittelbar vor der Beschlussfassung für Montag eine Expertenrunde eingeladen, um sich finalen Rat zu holen.
„Es wäre unverantwortlich - und ich formuliere es bewusst plakativ -, mit einer festen Meinung für oder gegen eine Stadt in so eine Endphase zu gehen“, sagte Hörmann. „Wenn die Entscheidung schon gefallen wäre, wäre es schlichtweg eine Degradierung derjenigen, die mit uns noch ins Gespräch gehen.“
Selbst nach der am vergangenen Dienstag veröffentlichten Forsa-Umfrage zur Zustimmung der Bürger für Olympia, bei der Hamburg mit 64 zu 55 Prozent vor Berlin lag, versicherte er: „Das Rennen ist absolut offen.“ Während man an der Elbe den Stimmungstest als „1:0 für Hamburg“ (Morgenpost) feierte, wiegelte man an der Spree ab. „Ob 55 Prozent oder 95 Prozent, das spielt keine Rolle“, meinte Klaus Böger, der Präsident des Berliner Landessportbundes.
Ganz störungsfrei läuft es für den DOSB auf der Zielgeraden nicht. Die Verbandschefs wollen sich nicht mit der Statistenrolle zufriedengeben, sondern nach der Sitzung am Sonntag selbst abstimmen, welche der beiden Städte sie am besten finden. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein klares Votum der Verbände ignoriert wird“, erklärte ihr Sprecher Siegfried Kaidel selbstbewusst.
Abgesagt haben die Grünen ihre Teilnahme am Expertengespräch. Die Partei begründete es mit mangelnder Transparenz im Auswahlverfahren. Ähnliche Kritik äußerte die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International. Bemängelt wurde auch die Geheimniskrämerei um die Experten, die erst kurz vor dem Termin bekanntgegeben werden sollen. Der DOSB-Vorstandschef Michael Vesper verteidigte das Vorgehen: Beeinflussungsversuche der Teilnehmer sollten möglichst vermieden werden.
Richtig ins Zeug legen wollen sich bei den Sitzungen und vor der DOSB internen Abstimmung noch einmal die beiden Städte. Und das ist Chefsache: Die Sportsenatoren Frank Henkel (Berlin) und Michael Neumann (Hamburg) übernehmen die 15-Minuten-Präsentationen.
Wenn DOSB-Chef Hörmann im Konferenzsaal „Gold“ eines Frankfurter Hotels die Gewinnerstadt bekanntgibt, die am 21. März in der Paulskirche offiziell zum Olympia-Kandidaten gekürt wird, geht es erst richtig los. „Der größte Fehler wäre es, wenn wir nach der Entscheidung für einen Bewerber die Hände in den Schoß legen und sagen: Das war's“, warnte Bernhard Schwank, Olympia-Beauftrager des DOSB. „Dies Erfahrung haben wir bitter machen müssen.“