Kür der Olympia-Stadt: Spitzenverbände wollen mitreden
Düsseldorf (dpa) - Die Spitzenverbände wollen bei der Entscheidung über die deutsche Bewerberstadt für die Olympischen Spiele 2024 noch ein gewichtiges Wort mitreden.
Deshalb werden ihre Vertreter am Ende des Treffens mit dem Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) am Sonntag in Frankfurt/Main abstimmen, ob Berlin oder Hamburg ins Rennen gehen soll. „Wir wollen unter den Verbänden bei der Sitzung eine Meinungsabfrage machen“, erklärte Siegfried Kaidel, Sprecher der Spitzenverbände, im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Die Vorentscheidung trifft die DOSB-Spitze am 16. März.
„Wenn ich dann sage könnte, 90 Prozent der Verbände sind für die Stadt A oder B, wird das schon einen Einfluss haben“, sagte Kaidel, der beim Wahlfinale der DOSB-Spitze als Gast dabei ist. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein klares Votum der Verbände ignoriert wird.“
Dagegen hält er das Ergebnis der in dieser Woche veröffentlichten Forsa-Umfrage zur Bürgerzustimmung zu einer Olympia-Kandidatur in den beiden Städten für nicht wegweisend. „Ich bin nach wie vor der Meinung, dass es nur ein Puzzlestein im ganzen Kriterienkatalog ist“, meinte der Ruder-Präsident. Hamburg lag bei der Umfrage mit 64 Prozent gegenüber 55 Prozent in Berlin vorn.
Kaidel und viele seine Präsidenten-Kollegen halten beide Städte grundsätzlich für geeignete Olympia-Bewerber. Thomas Weikert, der frühere deutsche Tischtennis-Präsident und heutige Weltverbandschef, hält beide Bewerbungen „für gleich gut“.
„Ich bin absolut überzeugt davon, dass beide Städte auch im internationalen Vergleich aussichtsreiche Kandidaten sind“, sagte Basketball-Präsident Ingo Weiss, der als Vorsitzender der Deutschen Sportjugend Sitz und Stimme im DOSB-Präsidium hat. Berlin habe einen kleinen Vorteil, die Hauptstadt „kennt jeder auf der Welt“.
Diplomatisch legt sich Leichtathletik-Präsident Clemens Prokop öffentlich nicht auf eine Stadt fest: „Beide Städte wären in der Lage, hervorragende Olympische Spiele zu organisieren.“ Allerdings hat sein Verband bei der WM 2009 in Berlin so gute Erfahrungen gemacht, dass er auch die EM 2018 an der Spree veranstalten wird. „Für Hamburg spricht, dass Olympische Spiele in einer B-Stadt ein deutliches Zeichen wären“, meinte Prokop. Für Berlin würde nicht nur der Hauptstadt-Status sprechen. „Berlin ist als Veranstaltungsort vieler internationaler Meisterschaften im Sport konkurrenzlos.“
Hockey-Präsident Stephan Abel, der wie Weiß dem DOSB-Präsidium als Vizepräsident angehört, will seine Neutralität wahren. Beide Anwärter seien Hockey-Hochburgen in Deutschland, sagte er nur. Deshalb könne der DHB mit der einen wie mit der anderen Lösung sehr gut leben.
Bedeckt hält sich auch Turn-Boss Rainer Brechtken. Eine klare Position hat er dazu, ob die Austragung von Olympia und der Fußball-EM - deren Vergabe nach Deutschland für 2024 als so gut wie sicher gilt - in einem Jahr sinnvoll wäre. „Ich gehe grundsätzlich davon aus, dass es für den Fall einer Olympia-Austragung 2024 in Deutschland eine große solidarische Diskussion im deutschen Sport gäbe, sich ganz auf Olympia zu konzentrieren“, meinte Brechtken.
Die Aussicht auf ein solches Doppel-Sportspektakel sehen manche auch als Hindernis für die Olympia-Vergabe nach Deutschland. Zumindest könnte es „international Erklärungsbedarf herausfordern“, wie es Prokop formulierte. Dies sieht Weiss ganz anders: „Nein, Deutschland kann beides. Dann hätten wir ein tolles Sportjahr.“
Andererseits wäre wohl der Olympia-Mitbewerber Boston für 2024 der große Olympia-Favorit. „Ich denke, dass sich Deutschland daher vor allem auf Olympia 2028 einstellen sollte“, empfahl Brechtken. Spitzenverbandssprecher Kaidel hält davon nichts. „Wenn nicht jetzt, wann dann!“, erklärte er. „Es würde einen Aufschwung für den Sport und Deutschland sowie einen Ruck für fast alle Sportarten geben.“
In diesem Punkt gibt es keinen Widerspruch unter den Verbandsführern. Für Brechtken wäre Olympia „eine Riesenchance, die Sportentwicklung in Deutschland in der gesamten Breite“ voranzubringen: „Solch einen Schub wie nach Olympia in München 1972 brauchen wir wieder.“