IOC-Mediziner Ljungqvist: „Mag keine Verdächtigungen“

London (dpa) - Fabelhafte Weltrekorde, überraschende Siege und ungewöhnliche Leistungssteigerungen rufen nicht nur Bewunderung hervor, sondern auch Skepsis und Zweifel. IOC-Chefmediziner Arne Ljungqvist hat nach dem Weltrekord von Chinas Schwimmerin Ye Shiwen Doping-Spekulationen zurückgewiesen.

„Ich mag Verdächtigungen nicht und applaudiere, so lange ich keine anderen Gründe habe“, sagte der Vorsitzende der Medizinischen Kommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) am Montag in London.

Die 16-jährige hatte den Weltrekord über 400 Meter Lagen nicht nur um 1,02 Sekunden verbessert, sondern war auf den letzten 50 Metern Freistil in 28,93 Sekunden sogar schneller als US-Superstar Ryan Lochte. „Es ist traurig, dass außergewöhnliche Leistungen oft mit Verdächtigungen verbunden werden, traurig für den olympischen Sport“, meinte der schwedische Anti-Doping-Experte. „Ich will Fakten.“

Der Kölner Sportwissenschaftler Ingo Froböse schätzt Ye Shiwens Leistung sehr hoch ein. Er hat aber Zweifel, dass sie nur mit hartem Training und perfektem Schwimmer-Körper den Weltrekord holte. „Ich vermute, dass da vielleicht nicht alles mit rechten Dingen zu geht. Leider muss man das wirklich sehen“, sagte Froböse im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.

Die deutschen Olympia-Starter wurden vor den Spielen zum Teil mehrfach getestet. Vor London hat die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) von Jahresbeginn bis zum 30. Juni knapp 5000 Doping-Kontrollen vorgenommen, teilte die NADA-Vorstandsvorsitzende Andrea Gotzmann am Montag mit. Im Testpool waren auch die 391 deutschen Olympia-Teilnehmer. „Die Proben waren negativ, sonst hätten sie ja in London nicht starten dürfen“, sagte die NADA-Chefin. Garantien für saubere Spiele aus deutscher Sicht könne sie dennoch nicht geben: „Das einzige, was ich garantieren kann, dass wir alles unternommen haben, was analytisch geboten war.

Bei den London-Spielen ist das größte Anti-Doping-Programm der IOC-Geschichte angelaufen. 1461 der geplanten 5000 Kontrollen wurden seit Eröffnung des olympischen Dorfes am 16. Juli bereits vorgenommen, teilte IOC-Sprecher Mark Adams am Montag mit. Positiv getestet wurden zwei Athleten: Die usbekische Turnerin Luisa Galiulina und der albanische Gewichtheber Hysen Pulaku.

„Bei jeden Spielen testen wir mehr. Das Wichtigste ist aber die Qualität“, sagte Ljungqvist. Die Doping-Tests basierten inzwischen immer mehr auf geheimen Informationen, „die uns Auskunft über die Welt des Dopings geben“. Ljungqvist: „Wir machen keinen einfachen Trainingskontrollen mehr wie in der Vergangenheit.“ Vielmehr fahnde man auf Grundlage von Hinweisen der Welt-Anti-Doping-Agentur, den Nationalen Olympischen Komitees, der Polizei oder dem Zoll.

Große Zustimmung finde auch die „No-Needle-Policy“ des IOC - das klare Verbot der Nutzung von Spritzen durch Athleten oder Trainer. „Ich glaube, diese Politik ist weitgehend akzeptiert“, sagte Ljungqvist. Bei den Olympischen Spielen in London sind auch die Reinigungskräfte angehalten, die Augen in Athleten-Unterkünften oder Kabinen nach verdächtigen Dingen wie Spritzennadeln offen zu halten.

Der Doping-Experte Fritz Sörgel meint hingegen, dass man das Gespür von Putzhilfen „nicht überschätzen“ solle. „Sie sind keine ausgebildeten Detektive“, sagte der Nürnberger Forscher in einem Interview mit dem Internetanbieter news.de. „Ich denke, man muss auch in Betracht ziehen, da richtige Detektive einzusetzen. Auch V-Männer könnte man einsetzen.“

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