Oligarchen haben Olympia in Sotschi mitfinanziert
Sotschi (dpa) - Im Glas der futuristischen Eispaläste von Sotschi spiegelt sich die mächtige Flamme des olympischen Feuers. Allein an der „Eisberg“-Halle haben Arbeiter rund 15 000 Tonnen Stahl verbaut, das ist doppelt so viel wie am Eiffelturm.
Etwa 37,5 Milliarden Euro kostet die Infrastruktur der Winterspiele - doch auf die Frage, wer das bezahlt hat, gibt sich die russische Führung einsilbig. Kremlkritiker sind sicher, dass der Machtpolitiker Wladimir Putin vor allem die milliardenschweren Oligarchen dazu verpflichtet hat, um ihn mit diesem Prestigeprojekt weltweit glänzen zu lassen.
Das zu Sowjetzeiten als „Riviera des Ostens“ bekannte Sotschi hat sich zum Kurort für das ganze Jahr gemausert. Die „Spiele der Superlative“ gelten als die kompaktesten Wettkämpfe aller Zeiten wegen der kurzen Wege zwischen den Hallen. Den palmenreichen Olympiapark am Schwarzen Meer mit den Eisarenen verbindet eine neue 48 Kilometer lange Straße samt paralleler Bahnstrecke mit dem schneebedeckten Kaukasusgebirge. Auch in das Zentrum von Sotschi fährt nun ein Zug. Neue Tunnel und Hotels sind entstanden.
In der Bergregion Krasnaja Poljana stehen jetzt alpenähnliche Orte, die es aufnehmen sollen mit etablierten Wintersportregionen in Österreich, Frankreich oder der Schweiz. Ehrgeizig ist das Ziel der Organisatoren, quasi aus dem Nichts ein neues Wintersportzentrum zu erbauen. Doch für den Oppositionellen Boris Nemzow sind die Winterspiele nichts als ein „gigantischer Finanzskandal, der teurer ist als die jüngste US-Mission auf den Mars“.
Allein ein Quadratmeter der Straße von Sotschi in die Berge habe 10 000 US-Dollar gekostet, errechnet der Ex-Vizeregierungschef - das sei teurer als ein Quadratmeter in Moskauer Luxuswohnungen. „Olympia ist der größte Betrug in der Geschichte Russlands“, schimpft Nemzow.
An einem Ende dieser Straße, in Krasnaja Poljana, sollen Russlands Biathleten viele Olympiamedaillen gewinnen. Als Verbandspräsident amtiert seit 2008 der Unternehmer Michail Prochorow, der mit dem Nickel- und Goldhandel reich wurde. Der kremlkritischen Zeitung „Nowaja Gaseta“ zufolge gibt sich Prochorow spendabel: Das russische Biathlon-Team reise in seinen Jets, und das Jahresbudget des Verbands von zwölf Millionen US-Dollar trage er ebenfalls zum Großteil.
Prochorow ist nicht der einzige Schwerreiche im russischen Sportsystem. So hat Skiverbandspräsident Andrej Bokarew seine Milliarden im Bergbau gemacht. Der Chef des Eislaufverbands, Alexej Krawzow, ist im Technologiegewerbe reich geworden, und ohne Wagit Alekperow geht nichts im russischen Langlauf - er leitet den größten Mineralölkonzern des Landes, Lukoil. Sie alle sollen auch für Olympia viele Milliarden beigesteuert haben.
Doch dass sie auf den Kosten sitzenbleiben, meinen nur wenige Menschen in Russland. „Es ist doch immer so bei uns, dass am Ende alles am Staat und an den Steuerzahlern hängenbleibt“, sagt Russlands Anti-Korruptions-Experte Alexej Nawalny. Er führt auf seiner neuen Olympia-Internetseite auf, dass die Oligarchen ihre „Investitionen“ in Sotschi mit Krediten bei Staatsbanken finanziert hätten - ohne Pflicht zur Rückzahlung bei einem Verlustgeschäft. Letztlich müssten die großen Staatskonzerne die Milliarden zuschießen, meint Nawalny.
Der Unternehmer Wladimir Potanin etwa rechnet damit, dass der Olympia-Rubel nicht so schnell rollt. Er schreibt seine Investitionen in Sotschi bereits als „teures Geschenk“ an Putin ab. Offen fordert er etwa massive Steuererleichterungen vom Kreml. Der Zeitung „Wedomosti“ zufolge muss der Staat die Schulden decken, sollten Betreiber von Hotels und Hallen nach den Spielen Konkurs anmelden.