Olympia 2020: Risiko-Wahl vor der Entscheidung

Buenos Aires (dpa) - Mit stimmungsvollen Abschluss-Präsentationen haben sich Tokio, Madrid und Istanbul vor der Risiko-Wahl um Olympia 2020 als sichere Lösung verkauft. Die drei anwesenden Premierminister waren vor allem als Krisenmanager gefragt.

Japans Shinzo Abe versuchte die 95 abstimmenden Olympier bei der 125. IOC-Vollversammlung in Buenos Aires zu beruhigen, die jüngsten Probleme in der Atomruine Fukushima hätten keine Negativfolgen für die Kandidatur. Spaniens Mariano Rajoy bemühte sich, Zweifel wegen der Wirtschaftskrise und Arbeitslosenquote von 26,3 Prozent zu zerstreuen. Und der Türke Recep Tayyip Erdogan versicherte allen, die kritische innenpolitische Lage und Nähe zum Bürgerkrieg im benachbarten Syrien stelle keine Bedrohung dar.

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) muss nun entscheiden, welche der drei Bewerbungen das geringste Risiko mit sich bringt. Der IOC-Prüfbericht hatte allen drei Kandidaten bescheinigt, „erfolgreiche Spiele“ ausrichten zu können. Ober-Olympier Jacques Rogge wird den Gewinner am Samstag um 22.00 Uhr verkünden.

Die Metropole am Bosporus eröffnete das Wahl-Finale mit einem 45-minütigen Plädoyer für eine Olympia-Premiere in der muslimischen Welt und auf zwei Kontinenten. Erdogan, wie Abe und Rajoy in einem 16-stündigen Flug direkt vom G-20-Gipfel aus St. Petersburg angereist, adressierte die größten Schwachpunkte der Bewerbung. „Wir leben in einer Zeit, in der sich unsere Region und die Welt nach Frieden sehnen. In dieser kritischen Zeit wollen wir ein starkes Zeichen des Friedens an die Welt schicken“, sagte Erdogan, der im Sommer Anti-Regierungs-Demonstrationen mit Polizeigewalt niederschlagen ließ. In sieben Jahren sei Istanbul, die Stadt der Toleranz, noch demokratischer.

Farbenfrohe Videos untermalten auch bei Istanbuls fünfter Bewerbung das Hauptargument als Brücke zwischen Europa und Asien. 27 Sportstätten sind in Europa geplant, zehn in Asien. Dies würde dem IOC neue Märkte erschließen, auch für künftige Generationen, sagte Istanbuls Bewerbungschef Hasan Arat. Knapp 50 Prozent der türkischen Bevölkerung seien unter 25 Jahre alt.

Japans Prinzessin Takamado eröffnete die emotionale Vorstellung von Tokios Plänen und Visionen. „Geben sie unseren Kindern etwas zum Träumen“, sagte sie mit einem kaiserlichen Lächeln. Tokio, 1964 bereits Olympia-Gastgeber, pries sein kompaktes Sportstättenkonzept in zwei Zonen. 85 Prozent der Wettkampfstätten liegen in einem Radius von gerade mal acht Kilometern zum olympischen Dorf.

Abe nahm sich das brisante Thema Fukushima vor. „Lassen sie mich ihnen versichern. Die Situation ist unter Kontrolle. Sie hat noch nie und wird nie Schaden in Tokio anrichten“, erklärte Abe. Das gefährdete Gebiet in Fukushima würde sich auf eine Fläche von 0,3 Quadratkilometer beschränken und die sei abgesichert. Tokios Gouverneur Naoki Inose positionierte die Bewerbung auch als finanziell sichere Wahl. Die Kandidatur stütze sich auf einen fest angelegten Reserve-Fonds in Höhe von 4,5 Milliarden Dollar.

Madrid beendete mit einem leidenschaftlichen Auftritt seine Bemühungen, die Olympia-Fiesta erstmals in die Hauptstadt zu holen. Nach der Final-Niederlage bei der Vergabe der Spiele 2016 gegen Rio mache der dritte Versuch, Olympia-Gastgeber zu werden, „jetzt mehr Sinn denn je“, erklärte Spaniens Kronprinz Felipe, 1992 bei den Barcelona-Spielen als Segler selbst dabei.

Das Team Madrid 2020 verkaufte seine Low-Budget-Kandidatur in Höhe von 1,9 Milliarden Dollar notgedrungen als Gegenentwurf zum olympischen Gigantismus. „80 Prozent der notwendigen Investitionen sind bereits getätigt. Wir können diese Spiele ohne jegliches Risiko für die olympische Bewegung abliefern“, proklamierte Premier Rajoy. „Wir sind auf dem Weg uns wirtschaftlich zu erholen. Madrid macht mehr Sinn denn je.“

Von den 35 Wettkampfstätten sind 28 bereits vorhanden, drei sind temporär geplant, nur vier müssten neu gebaut werden. Im Fußball-Tempel Bernabéu soll das Finale des Olympia-Turniers gespielt werden. „Die Spiele sind bezahlbar und gleichzeitig ein verantwortungsbewusstes Modell für die Zukunft“, ergänzte der umjubelte Felipe als Schlussredner. Spanien wäre nach Barcelona 1992 zum zweiten Mal Olympia-Gastgeber.

Madrid und Istanbul mussten sich zudem unangenehme Nachfragen zu ihrer umstrittenen Anti-Doping-Politik gefallen lassen. Beide Delegationen waren bestens darauf vorbereitet und lieferten unisono die gleiche Antwort: Es gebe nur deshalb so viele Fälle, weil die Regierung den Kampf gegen die Dopingseuche so ernst nehme.