NBA-Finale „King“ James erfüllt seine Mission in der Heimat
Die Cleveland Cavaliers gewinnen das siebte NBA-Finale bei den Golden State Warriors mit 93:89 und bescheren ihrer Stadt die erste große Sport-Meisterschaft seit 49 Jahren.
Oakland/Düsseldorf. Als LeBron James realisierte, was er und seine Cavaliers gerade vollbracht hatten, sank der „King“ des Basketballs zu Boden und weinte. Noch nie hatte eine Mannschaft in einer NBA-Finalserie einen 1:3-Rückstand in einer „Best-of-seven“-Serie aufgeholt. Die Stadt Cleveland hatte seit dem Titelgewinn ihrer Footballer Cleveland Browns seit 1967 auf einen Triumph in einer der vier großen US-amerikanischen Profiligen (Basketball, Football, Baseball, Eishockey) warten müssen. Und LeBron James hatte nach seiner Rückkehr vor zwei Jahren in seinen Heimat-Bundesstaat Ohio eine Meisterschaft versprochen.
Im siebten und alles entscheidenden Finalspiel bei den Golden State Warriors stand die Partie bis in die Schlussminute auf des Messers Schneide. Bei 89:89 ging es in die Schlussminute, dann versenkte Kyrie Irving, Spielmacher der Cavaliers, 53 Sekunden vor dem Ende einen vorentscheidenden Dreier. James machte wenig später mit einem verwandelten Freiwurf alles klar — 93:89, das beste Team der regulären Saison, die Warriors, die 73 von 82 Spielen vor den Play-offs gewannen und damit einen neuen NBA-Rekord aufgestellt hatten, waren geschlagen.
„Cleveland, das ist für dich“, schrie James seine Emotionen ins Mikrofon der amerikanischen Journalistin Doris Burke. In Cleveland, unmittelbar vor der Halle der Cavaliers, hatten Tausende Fans auf einer Leinwand das Spiel im kalifornischen Oakland verfolgt und drehten den Vorplatz der Arena nach der Schlusssirene auf links. „Ich hab mir ein Ziel gesetzt, als ich vor zwei Jahren zurückgekommen bin“, sagte „King“ James, der mit 27 Punkten, elf Assists und elf Rebounds im siebten Spiel ein so genanntes „Triple Double“ hinlegte und zum wertvollsten Spieler (MVP) der Finalserie gewählt wurde.
Am 9. Juli 2010 hatte der heute 31-Jährige seine Heimat verlassen. Nach sieben Jahren wechselte der Nummer-Eins-Draftpick des Jahres 2003 von Cleveland zu den Miami Heat, gewann dort zwei Meisterschaften an der Seite von Dwayne Wade und Chris Bosh. Seinen Wechsel gab der „Auserwählte“ — so sein zweiter Spitzname — damals in einer Live-Sendung des nationalen Fernsehens bekannt. Eine Inszenierung, wie sie peinlicher kaum hätte sein können. Cleveland und seine Fans fühlten sich verraten, in ganz Ohio wurden öffentlich Trikots von James verbrannt und der lokale Held zum Buhmann.
Exakt vier Jahre später stieg der 2,03 Meter große Flügelspieler aus seinem bis 2016 gültigen Vertrag bei den Heat mittels einer Ausstiegsklausel aus und schloss sich erneut „seinem“ Team an. Im vergangenen Jahr mussten sich die Cavaliers den Warriors im Finale beugen — nun gelang das scheinbar Unmögliche: Angetrieben von einem getriebenen Superstar bogen die Cavaliers eine bereits verloren geglaubte Serie um. „Als uns alle ausgezählt hatten, haben wir uns noch einmal aufgerafft. Als mich alle ausgezählt hatten, hat mich das nur stärker gemacht“, sagte James mit der Meistertrophäe und dem MVP-Pokal in den Armen. 41 Punkte in Spiel fünf, ebenso viele in Spiel sechs. Jetzt ein „Triple Double“ obendrauf.
Inmitten der Jubeltrauben nach dem Schlusspfiff schlich sich Warriors-Spieler Draymond Green, mit 32 Punkten bester Akteur des entthronten Titelverteidigers, an James heran, um ihm zu gratulieren. Beide Superstars hatten sich in Spiel vier einen heftigen Zweikampf abseits des Balles geliefert, in dessen Folge Green für Spiel fünf suspendiert wurde. Nun beglückwünschte Golden States bester Spieler der Play-offs, in denen Stephen Curry, der MVP der regulären Saison, der aufgrund seiner Knieprobleme nie richtig zu überzeugen wusste, den siegreichen James. Neun Niederlagen vor und neun in den Play-offs waren am Ende eine zu viel für die Warriors, die ihre historisch gute Saison nicht krönen konnten. Auch Curry gratulierte artig, im Gegensatz zu Teamkollege Klay Thompson, der schnurstracks in Richtung Kabine verschwand.
LeBron James scherte das alles wenig — auch nicht die vereinzelten Buhrufe aus dem Publikum. Als weinerliches Baby bezeichneten ihn die Warriors-Fans mehrfach in dieser Finalserie. James gab die Antwort auf sportliche Weise. Angestachelt von den gegnerischen Anhängern, getrieben von diesem unbändigen Ehrgeiz, wie ihn sonst wohl nur Michael Jordan, Kobe Bryant und Tim Duncan in der NBA-Historie hatten — und geleitet vom großen Wunsch, seine Mission zu erfüllen. Ein Titel für Ohio, ein Titel für Cleveland. Ein weiterer Titel für ihn. Selbst wenn noch weitere dazu kommen sollten, diese Meisterschaft ist seine Meisterschaft. Der „King“ hat es geschafft. Mit den beiden Trophäen in seinen Händen realisierte LeBron James es erst so richtig.