Wirrwarr um Basketball-EM in Ukraine - Deutsche Chance?
Frankfurt/Main (dpa) - Gibt es 2015 doch eine Basketball-EM in Deutschland? Noch ist es lange nicht so weit. Hinter den Kulissen glühen die Drähte, der europäische Verband bangt um sein Premiumprodukt.
Ganz ohne Hilfe kann es die Ukraine wohl nicht stemmen.
Der Plan von einer EM 2015 in Deutschland platzte Ende 2011 auf unsanfte Art und Weise. Weil der europäische Verband um den damaligen Generalsekretär Nar Zanolin immer mehr finanzielle Zusagen verlangte, zog Deutschland seine gemeinsame Bewerbung mit Italien, Frankreich und Kroatien zurück. Stattdessen wanderte das Turnier in die Ukraine, deren Funktionäre mit IOC-Mitglied Sergej Bubka an der Spitze die geforderten Millionen problemlos garantierten.
Doch eineinhalb Jahre vor dem Beginn der EM hat sich die Welt verändert. Die Ukraine steckt in der größten politischen und wirtschaftlichen Krise seit ihrer Unabhängigkeit 1991. Es ist kaum vorstellbar, dass in einer Phase, in der das Land kurz vor dem Staatsbankrott steht und jede politische Sicherheit fehlt, Gelder in den Bau von Hallen und Hotels gesteckt werden.
Was also tun? Die FIBA Europe steckt in einem Dilemma. Auf der einen Seite will sie die ukrainischen Verantwortlichen um den dortigen Basketball-Präsidenten Alexander Wolkow nicht brüskieren. Auf der anderen Seite bangt sie um ihr Premiumprodukt. „Das ist eine sehr sensible und keineswegs einfache Thematik“, sagte Kamil Novak, seit 2012 Generalsekretär des europäischen Verbandes, der Nachrichtenagentur dpa.
Schon bevor die Unruhen auf dem Maidan in Kiew ausbrachen, sorgte sich der frühere Sportdirektor der Skyliners Frankfurt um die schleppenden Vorbereitungen in der Ukraine. „Weniger als zwei Jahre vor dem Turnierbeginn ist die Menge an Arbeit, die noch erledigt werden muss, immens“, mahnte der Tscheche im November 2013. Seine im Dezember und Januar geplanten Inspektionsreisen musste er wegen der eskalierenden Entwicklung dann aber absagen.
Nun drängt die Zeit. Das Problem: Die Zuständigkeiten in der Ukraine sind nach den politischen Umwälzungen auch im Sport völlig ungewiss. Am Mittwoch meldete sich Organisationschef Markijan Lubkiwski zu Wort und verkündete, die Ukraine habe das Turnier an die FIBA Europe zurückgegeben und wolle stattdessen die EM 2017 ausrichten. Die Dementi ließen jedoch nicht lange auf sich warten. Sowohl Wolkow als auch der europäische Verband erklärten die Informationen für falsch. Zudem ist unklar, ob der vom bisherigen Staatspräsidenten Viktor Janukowitsch eingesetzte Lubkiwski überhaupt noch als Turnierchef tätig ist.
Es gibt also eine Menge Redebedarf, wenn sich die Führungsriege des europäischen Verbandes an diesem Wochenende in München trifft. Wolkow will bei dem Meeting über den Stand der Dinge berichten. Dass die Ukraine die EM wie geplant komplett ausrichtet, scheint nahezu ausgeschlossen.
Als favorisierte Lösung gilt nach dpa-Informationen, drei der vier Vorrundengruppen und eventuell einen Teil der Zwischenrunde in andere Länder zu vergeben. Je eine Vorrunden- und Zwischenrunden-Gruppe sowie die K.o.-Spiele würden in der Ukraine bleiben. Die Organisatoren hätten ihr Gesicht gewahrt, die FIBA Europe die Gewissheit, dass ihre wichtigste Veranstaltung funktioniert.
Sollte es dazu kommen, stünde auch Deutschland parat. „Man ist an uns herangetreten, wir schmeißen unseren Hut in den Ring“, sagte DBB-Generalsekretär Wolfgang Brenscheidt dem „Tagesspiegel“. DBB-Präsident Ingo Weiss ist als Vize-Präsident der FIBA Europe in die Debatten eng eingebunden, auch bei ihm steht das Telefon in diesen Tagen nicht still. Schließlich gibt es viele Kandidaten.
Mit öffentlichen Aussagen hält sich Weiss zurück, doch hinter den Kulissen arbeitet er daran, dass der Traum von der EM in Deutschland nun doch noch wahr wird. Die Basketball Bundesliga unterstützt dies. „Das würde uns eine Menge Wind unter den Flügeln geben“, sagte BBL-Geschäftsführer Jan Pommer der dpa. „Wir sagen schon seit langem, dass wir gerne zusammen mit dem Verband ein Herbstmärchen erleben wollen.“ Die Chancen dafür stehen nun wieder nicht schlecht.