Familienfirma Klitschko: Zwei Brüder, fünf Titel

Hamburg (dpa) - Das Klitschko-Familienimperium ist vollendet: zwei Brüder, fünf Titel, kein Gegner mehr. Boxweltmeister Wladimir Klitschko hat mit seinem deutlichen Punktsieg (117:109, 118:108, 116:110) über den Briten David Haye die Vorherrschaft der ukrainischen Brüder in Stein gemeißelt.

Damit haben die Hünen nahezu alles aus dem Weg geräumt, was sich auf vorderen Weltranglistenplätzen tummelt. Nach dem WBO- und IBF- sowie dem weniger bedeutsamen IBO-Titel hat Wladimir nun auch den WBA-Gürtel von Haye an sich gerissen. Bruder Vitali bescheidet sich mit dem Bauchschmuck des WBC. Die ungleiche Verteilung ist aber keineswegs Ausdruck des innerfamiliären Kräfteverhältnisses, sondern könnte auch ebenso gut andersherum sein. „Schon immer waren alle Titel unser Ziel“, versicherte Wladimir Klitschko. „Ein Traum ist in Erfüllung gegangen“, bekannte Manager Bernd Bönte. Noch nie waren die Schwergewichtstitel der vier wichtigsten Weltverbände im Besitz eines Brüderpaares.

Vorab war das Duell im Hamburger Fußballstadion als Kampf der Kämpfe gepriesen worden. Spannend war es allemal, hochklassig jedoch nicht. Haye, der mit furchtbarem Getöse „eine brutale Hinrichtung“ Klitschkos prophezeit hatte, ist lediglich als größter Schreihals in die lange Verliererliste des Ukrainers eingegangen. „Wir hatten Haye aggressiver erwartet. Wir dachten, dass er eine Bombe nach der anderen wirft“, gestand Klitschko-Trainer Emanuel Steward, kritisierte aber auch seinen Schützling: „Wladimir hätte häufiger schlagen müssen.“

15,5 Millionen Zuschauer (67 Prozent Marktanteil) sorgten bei RTL für einen Einschaltrekord. Der bisherige Topwert in der Rangliste von insgesamt 17 Klitschko-Kämpfen seit 2006 stand bei 13,45 Millionen, aufgestellt von Vitali Klitschko im vergangenen Herbst gegen den Amerikaner Shannon Briggs. Dass diesmal zwei Millionen Zuschauer mehr vor die Bildschirme drängten, hat der Privatsender vor allem dem blutrünstigen Säbelrasseln von Haye zu verdanken.

Als der Brite nach Gründen für die Niederlage suchte, fiel dem Großmaul nur die Mär vom kleinen Zeh ein. Jener an Hayes rechtem Fuß soll nämlich gebrochen und damit schuld gewesen sein. „Ich konnte mich mit dem rechten Bein nicht abstoßen. Ich hatte einfach nicht die Explosivkraft in den Schlägen“, jammerte der Brite. Die Fußverletzung sei drei Wochen zuvor im Training passiert.

So schrill er an den Tagen zuvor noch das Ende des „ukrainischen Roboters“ verkündet hatte, der wahlweise mal „beschissener Esel“, mal Hyäne und mal Totengräber des Boxens war, so kleinlaut fiel Hayes' Abgang aus. „Er ist unheimlich konstant. Er hat einen perfekten Kampf gezeigt“, staunte der Rastazöpfe-Mann über den sieben Zentimeter größeren und 13,5 Kilogramm schwereren Rivalen. Noch vor dem ersten Gong hatte er seinem von Klitschko verpassten Zweitnamen Prinzessin alle Ehre bereitet und war rund zehn Minuten zu spät aus der Kabine gekommen. Wenigstens gab er dem Sieger nach dem Kampf erstmals die Hand.

Klitschko boxte diszipliniert und vorsichtig, verließ sich auf seine linke Führhand, hatte dabei aber Mühe, den schnellen und geschmeidigen Briten zu stellen. Dennoch verzeichnete er deutlich mehr Treffer und ließ dabei einige Male seine Rechte sprechen. Der versprochene K.o. blieb jedoch aus. „Der 50. Knockout muss eben noch warten. Beim nächsten Mal ist es soweit“, sagte der 35-Jährige, der im Gegensatz zu den Zuschauern auf den teuren Plätzen dank einer Plane über dem Ring vom Dauerregen verschont geblieben war. Die schutzlos im Freien sitzenden VIPs erhielten als Trost nur Zellophan-Capes. Dagegen erforderten die billigeren Sitze auf den Tribünen von den rund 45 000 Beobachtern zwar bessere Augen, waren aber serienmäßig überdacht.