„Dreckskampf“ Titelverteidigung endet für Champion Zeuge im Krankenhaus
Berlin (dpa) - Die erfolgreiche Titelverteidigung endete für WBA-Weltmeister Tyron Zeuge nachts in einem Potsdamer Krankenhaus. Ein tiefer Cut an der rechten Augenbraue - wahrscheinlich durch mehrere Kopfstöße seines Herausforderers Isaac Ekpo verursacht - musste genäht werden.
Blut war in sein Auge gelaufen. Zeuge konnte nichts mehr sehen. Ringrichter Raul Caiz aus den USA brach den Kampf nach mehrfacher Rücksprache mit dem Ringarzt Walter Wagner ab. Die Punktrichter in der ausverkauften MBS-Arena werteten nach 2:23 Minuten der fünften Runde einstimmig für den Titelverteidiger: 49:46, 48:47, 49:47. „Da hat man sich zwölf Wochen im Training geschunden - und dann so ein Ende. Das ist Scheiße“, befand der einzige deutsche Titelträger in einem der vier großen Box-Weltverbände drastisch.
Das jungenhafte Grinsen war aus dem Gesicht des 24 Jahre alten Supermittelgewichtlers aus Neukölln verschwunden. Der Sieg gegen den genauso unsauber wie unorthodox boxenden Nigerianer durch eine Technische Entscheidung sorgte bei Zeuge für mehr Frust als Freude. Seine erste Titelverteidigung hatte er sich anders vorgestellt.
Zeuges verärgerter Manager Kalle Sauerland fuhr danach großes Geschütz auf: „Ekpo war gekommen, um einen Dreckskampf zu machen. Er schlug mit den Ellenbogen, stieß mit dem Kopf und zeigte Catchergriffe.“ Die lautstarken „Rematch, Rematch“-Forderungen der Gegenseite beschied Sauerland eindeutig: „Wir haben andere Pläne. Eigentlich sollte Tyron im Mai schon wieder boxen. Wir müssen sehen, wie alles verheilt.“ Der Brite Paul Smith ist als Gegner im Gespräch.
Die ersten beiden Runden ließen sich aus Sicht des Titelverteidigers gut an. Zeuge war boxerisch deutlich überlegen. Dann der erste Kopfstoß, der Weltmeister blutete heftig und kam völlig aus dem Konzept. Er ließ sich wutentbrannt zu einer unschönen Keilerei mit Catch-Einlagen hinreißen und drehte immer wieder verzweifelt und protestierend ab.
Die Coolness seiner arrivierten Teamkollegen und Ex-Weltmeister hätte ihm vielleicht helfen können. Der am Ring sitzende Arthur Abraham fand: „Tyron war überlegen“, habe sich aber „durch die Verletzung durcheinander bringen“ lassen. „Wir wollten boxen, der Gegner nicht“, sagte Zeuge-Trainer Jürgen Brähmer, der im Sommer selbst wieder nach einem Titel greifen will.
Die Gegenseite, um keine Show-Einlage verlegen, hatte ihre eigene Sicht auf die Dinge. Ekpo-Trainer Stacy McKinley und Sprachrohr Theodore Singleton, beide in Diensten des berüchtigten Managers Don King, gaben der Nachbetrachtung des traurigen Kampfes eine besondere Note. Singleton drohte Sauerland noch im Ring: „Ich verklage dich!“ und rief den 85-jährigen King in den USA an. „Er wird Schritte einleiten“, ließ der Ekpo-Betreuer wissen.
„Der Kampf hätte nicht gestoppt werden dürfen. Zeuge, dessen Kondition mir nicht die beste schien, war nicht vorbereitet auf einen solchen Fight“, sagte McKinley, der schon bei Mike Tyson in der Ecke stand und Ekpo zwar eine „hässliche, aber nicht unfaire“ Vorgehensweise attestierte. Er zog den legendären Muhammad- Ali-Gegner Joe Frazier als Beispiel heran: „Isaac boxt im Frazier-Stil.“
Der gescheiterte Herausforderer, der seinen Anmarsch zum Ring vor über 3000 Zuschauern mit einer gekonnten Tanzeinlage garniert hatte, blieb weitgehend wortkarg. „Für mich sah das nach Aufgabe aus. Eine WM besteht aus zwölf Runden“, sagte der muskelbepackte Ekpo und zog seine weiße Baumwollmütze tief ins Gesicht. Mit 34 Jahren dürften ihm nicht mehr allzu viele WM-Chancen winken.