Wladimir Klitschko in ungewohnter Rolle: Herausforderer

Going (dpa) - Nur noch 17 Tage bis zum Rückkampf, aber Wladimir Klitschko ist tiefenentspannt wie beim Badeurlaub in Florida. Der 40 Jahre alte ehemalige Boxweltmeister hat den Verlust seiner WM-Titel vor sieben Monaten komplett verarbeitet und schwärmt von einem neuen Lebensgefühl.

Foto: dpa

„Ich genieße gerade die Zeit“, berichtet er nach der Tageseinheit in seinem Trainingslager im Nobelhotel Stanglwirt am Wilden Kaiser. „Ich bin lebendiger, entspannter, irgendwie freier.“ Dabei lächelt er und bekennt: „In allem Schlechten ist was Gutes.“

Im November vergangenen Jahres hatte er sich in Düsseldorf überraschend dem großmäuligen Briten Tyson Fury beugen müssen. Die Punktniederlage löste bei Freund und Feind Bestürzung aus, weil Klitschko wie paralysiert wirkte, kaum schlug und wie in fremder Hülle erschien. „Die Niederlage ist erst nach Monaten angekommen, nicht sofort“, beschreibt er den langen Prozess des Verarbeitens. Nun sei er mit sich im Reinen und nimmt die neue Rolle an: „Ich bin jetzt Herausforderer. Ich war immer der Gejagte, jetzt bin ich der Jäger.“

Die Verkrampfung, stets aufs Neue die Gürtel von WBA, WBO und IBF verteidigen zu müssen, sei nun weg. Seine Motivation, so versichert er, sei größer als je zuvor. „Ich bin besessen von meinem Ziel, Fury zu besiegen.“ Die Ursachen seines Versagens im vergangenen November will er nicht konkret benennen. Physisch sei er topfit gewesen, „es lag an mentalen Sachen. Ich weiß, wo der Fehler war“, sagt er. „Ich war nicht präsent im Ring.“ Zudem habe ihm der Boxstil Furys Schwierigkeiten bereitet. „Meine Schuld, ich stehe dazu.“

Als seine Schuld hat Klitschko auch ausgemacht, dass er Fury durch die Niederlage eine größere Bühne verschafft hat, als diesem zustehen sollte. Klitschko läuft Gefahr, seine entspannte Haltung zu verlieren, wenn er daran denkt, dass „so ein Schwachmat mit Aussagen über Frauen, Homosexuelle und Juden“ Aufsehen erregt.

Der 27 Jahre alte Brite fällt regelmäßig mit Ausfällen gegen Minderheiten und bestimmte Bevölkerungsgruppen auf, outet sich als Anhänger von Homophobie und Antisemitismus. „Dass so ein Typ durch die Verbindung mit mir die Chance bekommt, so was zu sagen, ärgert mich“, gesteht Klitschko. In einem Interview britischer Journalisten im österreichischen Going meinte er gar: „Fury klang wie Hitler.“

Schon deshalb sieht es Klitschko als seine Pflicht an, den mitunter als Brunnenvergifter auftretenden Briten in die Schranken zu weisen. Am 9. Juli ist die Manchester-Arena in der nordwestenglischen Stadt Schauplatz der Revanche. Danach soll es weitergehen mit dem Boxer Klitschko. „Wladimir wird seine Karriere fortsetzen“, sagt Manager Bernd Bönte. Natürlich wieder mit Titeln.