Ex-Boxweltmeister Wladimir Klitschko ist mit sich im Reinen

Hamburg (dpa) - Selbst wenn Wladimir Klitschko die Möglichkeit hätte, die bittere Pleite im Boxring gegen Anthony Joshua im April in London ungeschehen zu machen - er würde sie nicht nutzen.

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„Ich habe aus dieser Niederlage so viel gelernt und fühle, dass ich dadurch viel mehr gewonnen als verloren habe“, sagte der 41 Jahre alte Ukrainer in Hamburg. Im Besenbinderhof nahe des Hauptbahnhofes wurde der einstige Dreifachweltmeister im Schwergewicht bei den erstmals ausgerichteten German Boxing Awards mit dem Ehrenpreis für sein Lebenswerk ausgezeichnet.

Und der Zwei-Meter-Hüne hinterließ mit seiner emotionalen, rund halbstündigen Dankesrede tatsächlich den Eindruck eines Mannes, der mit seinem Anfang August verkündeten Karriereende Frieden geschlossen hat. Dreimal durfte Klitschko bei der Premieren-Gala, die künftig jährlich in zwölf Kategorien die Jahresbestleistungen im Boxsport küren soll, auf die Bühne.

Neben dem „Herqul“ für sein Lebenswerk wurde der Unternehmer, der sich mit seiner Klitschko Management Group und dem von ihm entwickelten Studiengang „Challenge Management“ an der Schweizer Elite-Universität St. Gallen neuen Aufgaben widmet, auch für das Comeback des Jahres und den Kampf des Jahres - natürlich das Duell mit Joshua - ausgezeichnet.

Jedes Mal fand der promovierte Sportwissenschaftler, der zwischen 1996 und 2017 in 69 Profikämpfen 64-mal siegreich gewesen war, passende Worte, die unterstrichen, wie sehr er mit sich und seiner Entscheidung zum Karrierewechsel zufrieden ist. Den Preis für das Lebenswerk erhielt der Wahl-Hamburger gemeinsam mit seinem Bruder Vitali. Anschließend dankte er seinem Entdecker Klaus-Peter Kohl und seinen beiden verstorbenen Cheftrainern Fritz Sdunek und Emanuel Steward mit emotionalen Sätzen.

Der 46-jährige Vitali hatte seinen fest eingeplanten Besuch kurzfristig absagen müssen, da ihn dringende politische Termine in seinem Amt als Bürgermeister von Kiew in der Heimat banden. Er hatte seine Karriere Ende 2012 nach 45 Siegen in 47 Kämpfen beendet. „Vitali gehört nicht mehr sich selbst, sondern der Politik. Seinen härtesten Kampf kämpft er noch immer“, sagte Wladimir. Seinen älteren Bruder bezeichnete er als „meinen größten Kritiker aller Zeiten, aber auch meinen größten Motivator“.

Kürzlich in England aufgekommene Spekulationen, Vitali Klitschko könne für einen Kampf gegen Joshua (27) aus der Sportlerrente zurückkehren, um ein letztes Mal die „Rache des Bruders“ zu nehmen, wies Klitschko-Manager Bernd Bönte als „Aprilscherz im Oktober“ deutlich zurück.

Gegen Mitternacht hatte der Ex-Weltmeister noch ein wichtiges Anliegen an die aktuellen und kommenden Champions zu richten, die sich unter den rund 200 Gästen befanden. „Mit dem Boxen aufzuhören, war die schwerste Entscheidung meines Lebens. Ich dachte früher, es wäre ganz leicht, aber wenn man selbst den Stecker ziehen muss, ist es unheimlich hart“, betonte Klitschko.

Umso wichtiger sei es, schon während der aktiven Laufbahn die Zeit danach zu planen, so wie er es getan habe. „Wer sich nicht am besten schon gestern die Gedanken für morgen macht, der fällt nach dem Karriereende in ein tiefes Loch, aus dem es sehr schwer ist herauszukommen“, sagte Klitschko.