DFB: Am Ende ist es selten schön

Fast alle Trainer der DFB-Elf haben im Groll aufgehört. Nur in zwei Fällen lief es anders.

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Düsseldorf. Nach der peinlichen Pleite von Kasan kriselt es bei der deutschen Nationalmannschaft, über einen möglichen Rücktritt von Joachim Löw wird kräftig spekuliert. Wie lief das eigentlich bei früheren Bundestrainern ab? Ein Blick zurück: Am Abend des 7. August 1936 wurde der erste deutsche Nationaltrainer, damals hieß es Reichstrainer, kräftig in die Mangel genommen. Wie auch nicht — nach einer 0:2-Niederlage gegen Norwegen beim olympischen Fußballturnier in Berlin — vor den Augen des Führers?

Dr. Otto Nerz, seit 1926 im Amt, musste den DFB-Verantwortlichen Rede und Antwort stehen. Das Tribunal tagte im Polizeikommissariat zu Charlottenburg. Präsident Felix Linnemann, im Hauptberuf Kriminalrat, machte dafür sein Dienstbüro zum Gerichtssaal. Gehört wurden auch die Führungsspieler Reinhold Münzenberg und Karl Hohmann und die ließen kein gutes Haar an ihrem Trainer.

Militärischer Drill, keine ruhige Minute, alles war durchorganisiert. „Auf gut Deutsch gesagt, wir hatten nicht mal Zeit zum Kacken!“, knurrte Hohmann. Und jeden Tag 400-Meter-Sprints in 65 Sekunden, weshalb gleich vier Spieler mit Zerrungen ausfielen. Professor Nerz, der an der Reichsakademie von Berlin sportwissenschaftliche Vorträge hielt, wurde gemaßregelt wie ein Schuljunge, der seine Hausaufgaben nicht gemacht hatte. So endete die erste Ära eines Nationaltrainers mit einem Krach und Sepp Herberger trat sein Amt an — auch wenn das genaue Datum in der ungenügend erforschten Vorkriegszeit des DFB bis heute umstritten bleibt. Was auch daran lag, dass Nerz zu einer Art Oberaufseher für Herberger befördert wurde (Reichsreferent) - aber mit der Mannschaft durfte er nicht mehr arbeiten. 1938 zog er sich dann ganz zurück. Die Bahn war frei für Herberger, der die längste Bundestrainer-Ära überhaupt begründete.

Sie währte von November 1936 bis Juni 1964 und gipfelte 1954 im Triumph von Bern. Auch 41 Jahre nach seinem Tod sind seine Weisheiten noch Kult, sein Erbe wirkt fort in der Sepp-Herberger-Stiftung, die sozialen Zwecken dient. Und doch schied auch der „Alte von der Bergstraße“ nicht im besten Einvernehmen. Spätestens nach der enttäuschenden WM 1962 in Chile (Aus im Viertelfinale) war seine Zeit abgelaufen. Kritiker fielen über ihn her und - das war neu - sogar die Spieler. Torwart Hans Tilkowski wollte ihm auf dem Rückflug an die Wäsche wegen seiner Degradierung und Helmut Haller sagte einer Lokalzeitung: „Sepp Herberger war sich meines Erachtens beim faktischen Unterricht selbst nicht mehr recht klar, wie er uns spielen lassen sollte. Von einer Stunde zur anderen warf er den Plan um.“ Das traf auch für sein Karriereende zu. Eigentlich wollte er noch die WM 1966 mitmachen. Aber im August 1963 erklärte DFB-Schatzmeister Jakob Coenen im Rundfunk, dass auch die Frage nach Herbergers Rücktritt auf einer Vorstandstagung besprochen werde, jedenfalls sei sie nicht verboten.

Prompt stand es im Kölner Stadtanzeiger und Herberger erklärte dem DFB-Präsidenten Hermann Gösmann aus Osnabrück telefonisch seinen Abschied, „ab sofort“. Der bestürzte Coenen entschuldigte sich per Eilbrief, aber Herberger blieb verärgert und nahm nach der ersten Bundesligasaison 1964 seinen Hut. Nachfolger Helmut Schön nahm 14 Jahre später seine Mütze. Er war der einzige Bundestrainer, der Welt- und Europameister wurde, aber verbunden wird sein Name auch mit Cordoba.

Dass die WM in Argentinien seine letzte Dienstreise wird, war vorher klar. Vielleicht fiel es DFB-Präsident Hermnann Neuberger auch deshalb leichter, ihn zu kritisieren. „Fußball wie vor 20 Jahren“ erkannte der Boss und in einem Interview monierte er die Kondition der Elf. Schön stand wieder mal am Pranger, wie so oft. Seine Ära endete mit einer 2:3-Pleite gegen den kleinen Bruder Österreich, der darüber heute noch lacht. In seiner Biografie schrieb der feinsinnige Sachse: „Für mich brach in diesem Augenblick eine Welt zusammen. Ich hatte mir den Abschluss meiner Laufbahn anders vorgestellt.“ Das sagten oder dachten noch viele.

Jupp Derwall wurde 1984 nach dem Vorrunden-Aus bei der EM regelrecht zum Rücktritt gedrängt. Dass er 1980 den Titel geholt hatte und 1982 im WM-Finale stand, spielte keine Rolle mehr. Berti Vogts bewahrte der EM-Titel 1996 auch nicht vor einer Medienkampagne nach der zweiten verkorksten WM 1998. Im September trat er nach zwei weiteren schlechten Spielen zurück, mit Worten, die von seiner Erschütterung zeugen: „Ich bin es mir selbst schuldig, den letzten Rest Menschenwürde zu verteidigen, der mir noch gelassen wurde.“

Der Vertrag von Nachfolger Erich Ribbeck wurde nach dem EM-Aus 2000 nicht verlängert, worüber beide Seiten nicht unglücklich waren. Anders verhielt es sich 2004 mit Rudi Völler, den der DFB gerne behalten hätte. Aber „Rudi Riese“, immerhin 2002 WM-Zweiter, hielt seine Kräfte für endlich und wollte vor der WM 2006 im eigenen Land niemandem im Weg stehen.

Sein Nachfolger Jürgen Klinsmann und dessen Trainer bei der WM 1990, Franz Beckenbauer, waren die Einzigen, die nicht im Groll schieden.