Meinung Jogi und Angie — im Schicksal vereint?

Die Parallelen sind zu verführerisch. Beide sind seit zwölf Jahren im Amt. Beide haben sich gegenseitig gestützt und gemeinsam gejubelt. Joachim Löw hat sein Schicksalsspiel hinter sich. Das von Angela Merkel steht unmittelbar bevor.

Überstehen Jogi Löw und Angela Merkel die Krisen? Fotos: dpa, Montage: WZ

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Jogi und Angie, im Schicksal vereint? Löw ist an jener Behäbigkeit gescheitert, die Sieger lähmt. Weltmeistertitel kann man nicht konservieren, das ist seit Mittwoch einmal mehr bewiesen. Politische Macht auch nicht. Sie zerrinnt, wenn ihre Basis nicht ständig erneuert wird. Es gibt jedoch einen gewichtigen Unterschied. Merkels Erfolg ist weit nachhaltiger als der Löws. Das Land ist seit zwölf Jahren fast ununterbrochen im Aufschwung. Es sind die Neider und Konkurrenten, die „Merkel muss weg“ rufen. Von außen die Trumps und Orbans, von innen die Gaulands und Söders. Ein Kanzler braucht wie ein Trainer drei zentrale Fähigkeiten: Kreativität, Autorität und Übersicht.

Es ist vor allem die fehlende Kreativität, die man Löw nun vorwirft, mit einem gewissen Recht. Zu lange hat er an den satten Spielern festgehalten, die Hungrigen nicht herangelassen. Die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Von Angela Merkel kann man das nicht sagen. Sie hat immer wieder versucht, ihre Partei, die Regierung und sich selbst zu erneuern, wenn auch nicht revolutionär, sondern behutsam. Vom Krippenausbau bis zum Mindestlohn. Im letzten Herbst wäre sie sogar zum großen Experiment bereit gewesen: Jamaika. Auch hier gibt es eine Parallele: Christian Lindner ist der Leroy Sané der deutschen Politik. Vielleicht überschätzt, aber eine Hoffnung. Während Sané von Löw nicht mit zur WM mitgenommen wurde, was ein Fehler war, hat Lindner sich von sich aus dem Spiel verweigert. So musste die Kanzlerin mit der alten Aufstellung weitermachen. Noch eins stimmt nicht überein. Ein neuer Bundestrainer lässt sich finden. Nötig ist das sofort.

Werner Kohlhoff. Foto: krohnfoto

In der Politik spricht hingegen alles für einen geordneten Übergang zum Ende der Legislaturperiode, falls Merkel die aktuelle Krise übersteht. Mögliche Bundeskanzler gibt es nicht so viele. Keinen, der es sofort besser machen könnte, der mehr Autorität und Übersicht hätte. Und die, die mittelfristig zur Verfügung stünden, von Kramp-Karrenbauer über Laschet bis von der Leyen, die werden die Spielweise nicht grundlegend ändern. Hinten reinstellen, einmauern, wie manche fordern, das passt nämlich nicht zu Deutschland. Das nutzt nicht seine Stärken. Nicht im Fußball und nicht in der Politik.