Handball Die wundersame Reise des Bergischen HC
Handball-Siege ohne Rückraumspieler, ein erstaunlich agiler Sportdirektor und ein neuer Ausflug in die Kölner Arena: Der BHC spielt Mittwoch gegen den THW Kiel.
Solingen/Wuppertal. 13.380 Zuschauer sorgten kurz nach Weihnachten des letzten Jahres für eine beeindruckende Kulisse in der Kölner Lanxess Arena. Es war eine Marke, die dem gastgebenden Bergischen HC einen Vereinsrekord beschert hat. Und es war zugleich der Bestwert in der Handball-Bundesliga-Saison 2015/16. Zu Gast in Deutz war seinerzeit der THW Kiel — Mittwochabend wird es um 20.15 Uhr eine Neuauflage des Duells geben, das der Deutsche Rekordmeister seinerzeit mit 31:28 zu seinen Gunsten entschied.
Rekordverdächtig ist der Vorverkauf diesmal allerdings nicht gelaufen, der Verein der Kombinierten aus Wuppertal und Solingen wäre schon mit 5000 Besuchern zufrieden. „Wir hoffen, dass das in den letzten Wochen Geleistete mit einer guten Resonanz honoriert wird“, sagt BHC-Beirat Jörg Föste.
Dem 55 Jahre alten Unternehmer merkt man an, dass eben jene letzten Wochen viel an Kraft gekostet haben. Es war weniger der Fehlstart mit 0:8 Punkten, der aufschrecken ließ, als vielmehr die nicht enden wollende Verletzungsmisere. In Wetzlar schrieb der BHC aus dieser Negativentwicklung heraus dann allerdings Handball-Geschichte und gewann ohne jeglichen Rückraum-Halb-Spieler mit 22:20 — das hatte es in 51 Jahren Bundesliga noch nicht gegeben.
Beim jüngsten 26:26 in Göppingen hatte der sich in glänzender Coaching-Form befindliche Trainer Sebastian Hinze gerade einmal zwölf Akteure an Bord. Sieben weitere aus dem BHC-Kader fehlten. Und: Unter denen, die die Erfolgsserie auf 5:1 Zähler ausbauten, war mit Maximilian-Leon Bettin ein 22-Jähriger, der tags zuvor noch mit Dormagen in der 3. Liga gespielt hatte. War mit Bogdan Criciotoiu auch ein Neuzugang, der Göppingen nach 8:15-Pausenrückstand insgesamt viermal einschenkte. Und war der 38-jährige Sportliche Leiter Viktor Szilagyi, der aus der Not geboren zuvor ein Comeback gefeiert hatte und seitdem eine Glanzleistung nach der anderen vollbringt. „Die Belastung ist schon grenzwertig“, weiß der langjährige österreichische Kapitän. Und sein Chef Föste ergänzt: „Wie sich Trainer, Mannschaft und Viktor Szilagyi am Rande des mental und physisch Belastbaren engagieren, ist beispiellos.“
Peter Stöger, Kölner Fußball-Trainer über das heutige Handball-Spiel in Köln mit dem BHC gegen Kiel
Die Anerkennung dieses Engagements durch möglichst viele Zuschauer wünscht sich die Vereinsführung für Mittwochabend. Ein prominenter Fan ist den Löwen im Zweikampf mit den Champions-League-erfahrenen Zebras gewiss: Peter Stöger, Trainer des Fußball-Bundesligisten 1. FC Köln, drückt dem BHC mit seinen österreichischen Landesleuten Szilagyi sowie Maximilian und Alexander Hermann die Daumen.
„Die Kölner sind ein begeisterungsfähiges Volk, so dass man sich sehr darauf freuen kann, eine besondere Stimmung zu erleben“, wirbt Stöger für den Handball-Hit und verriet Handball-Kenntnisse: Gerade Szilagyi habe großen Anteil daran, dass die Sportart mit der Nationalmannschaft in Österreich salonfähig geworden sei.
Vielleicht erlebt der FC-Coach auch den neuen Bergischen HC. Bis zu vier Spieler (Fabian Gutbrod, Christian Hoße und die Hermann-Zwillinge) könnten gegen die Weltklasse von der Ostsee Mittwoch ihr Comeback feiern. Die Personal-Plage hätte dann ein eindrucksvolles Ende gefunden im Spiel des derzeitigen Tabellen-13. gegen den Zweiten aus Kiel. Ein ziemlich guter Zeitpunkt.