Dank Kink, Zepp und Karma: Prestigesieg lässt aufatmen
Helsinki (dpa) - Christian Ehrhoff war etwas traurig. Nicht wegen der Partie gegen Österreich, die das deutsche Eishockey-Team zwar 2:0 (0:0, 1:0, 1:0) gewann, dabei aber tatsächlich wenig Grund zur Freude bot.
Ehrhoffs Stimmung war gedrückt, weil der Kapitän wegen seiner WM-Pflichten den vierten Geburtstag seiner Tochter Leni am Mittwoch verpasste und deshalb „als Vater hier auch mit einem weinenden Auge“ stand. Zur Aufmunterung war das Gemurkse gegen die Österreicher nicht geeignet.
Der freie Vatertag kam Pat Cortina und seinen Schützlingen gerade recht. „Mal ein bisschen wegkommen“, sagte der Bundestrainer nach dem nervenzehrenden Sieg im vierten WM-Gruppenspiel am Mittwoch. Mit dem Bollerwagen in Helsinki gesichtet wurden die deutschen Profis - darunter neun Familienväter - am Donnerstag aber nicht.
In Feierlaune war nach der „Revanche“ gegen die Österreicher, die dem deutschen Team die Olympia-Qualifikation verwehrt hatten, wirklich niemand. Von Genugtuung war nach dem Zittererfolg nichts zu spüren - es überwog die Erleichterung, von den Alpennachbarn nicht auch noch in den WM-Abstiegsstrudel gezogen zu werden. „Jetzt ist der Druck ein bisschen kleiner“, resümierte Cortina. Trotz des bis dato schwächsten Spiel seines Teams in Helsinki lächelte er befreit.
Unsicherheiten hinten wie vorne, Puckverluste, viele Strafzeiten - die Mängelliste gegen Österreich war lang. Zwei Tore des Mannheimer Stürmers Marcus Kink (38./60. Minute) - das erste davon laut Ehrhoff „sicher eines des schönsten Tore des Turniers“ - und ein perfekter Nachmittag von Goalie Rob Zepp aus Berlin retteten den Erfolg. Die Chance auf die K.o.-Phase bleibt intakt, wenn die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) am Wochenende gegen Lettland und die USA gewinnt. „Wir sind noch im Rennen“, meinte Stürmer John Tripp selbstbewusst und unterstrich: „Unser Ziel ist das Viertelfinale.“
Wie eine Top-Acht-Mannschaft waren die Deutschen gegen Österreich - nach Ansicht von Cortina „das bessere Team“ - nicht aufgetreten. „Was ich meinen Spielern in der ersten Drittelpause gesagt habe, kann ich in der Öffentlichkeit nicht wiederholen“, berichtete der Coach mit einem breiten Grinsen. Jugendfrei war seine Ansprache eher nicht.
Bestnoten erhielt nach 60 Minuten nur Torhüter Zepp, „er war herausragend“, betonte Cortina. Er hatte trotz der zwei Patzer des Schlussmanns im Spiel gegen die Slowakei wieder auf den Eisbären gesetzt. „Im Eishockey geht es darum, sich zurückzukämpfen“, fand der Goalie, dem das erste Länderspiel ohne Gegentreffer gelang.
Cortina erinnerte nicht nur an das Slowakei-Match, sondern auch das Spiel bei der Olympia-Quali in Bietigheim, als Deutschland mit Zepp im Tor seinen Startplatz für Sotschi verspielte. „Wir wussten, er wird nicht nochmal verlieren“, sagte der Trainer und erklärte: „Ich glaube daran, dass man für gute Sachen belohnt wird.“
Cortinas spirituelle Rechnung: Die sehenswerten Leistungen gegen Finnland (3:4 n.V.), Russland (1:4) und die Slowakei (2:3) wurden erst gegen Österreich mit Punkten belohnt - Kink, Zepp und Karma sei Dank. Von „ausgleichender Gerechtigkeit“ sprach auch Michael Wolf.
Ob die im Vorfeld angekündigte „offene Rechnung“ mit Österreich nun beglichen ist, blieb unklar - Tendenz: eher nicht. „Es ist immer nett, gegen Österreich zu gewinnen, aber sie haben uns das Ticket für Olympia weggenommen, von einer Wiedergutmachung kann man also nicht sprechen“, unterstrich Tripp. Auch Bundestrainer Cortina musste bei aller Erleichterung eingestehen: „Was auch immer jetzt hier in Helsinki passiert ist - zu Olympia fährt nun mal Österreich.“ Dieses Trauma kann ein knappes 2:0 beim besten Willen nicht vertreiben.