Düsseldorfer EG DEG freut sich auf kriselnde Haie

Während die Stimmung in Köln gereizt ist, ist die DEG vor dem rheinischen Derby am Freitag obenauf.

Foto: Horstmüller

Düsseldorf. Es kommt nicht häufig vor, dass sich ein Interview aus der Deutschen Eishockey Liga (DEL) zum Internet-Hit mit zehntausenden Klicks entwickelt. Und dass es nach wenigen Tagen und hitzigen Diskussionen aus dem Netz genommen wird. Diese Woche war das so. Dank Moritz Müller. Der Kapitän der Kölner Haie stand nach zwei Dritteln in Iserlohn am Servus-TV-Mikrofon. 1:6 lag seine Mannschaft bereits hinten.

„Es ist peinlich, was wir spielen“, polterte der 29-Jährige, um dann zu einem ebenso großen wie konfusen Rundumschlag auszuholen. Über die „abgetakelte kanadische Nationalmannschaft“ aus Iserlohn, die Liga, die keinen „Arsch in der Hose“ hätte, um dagegen vorzugehen, und seine eigene Mannschaft, die alles vermissen lassen. Am Ende stammelte der aufgebrachte Müller, der sich auf dem Eis bereits einen ausgewachsenen Faustkampf geliefert hatte, nur noch Wortfetzen und verschwand aus dem Bild.

Die Stimmung ist gereizt in Köln. Das ist nicht ungewöhnlich für die Domstadt und ihre Sportvereine. Im Gegensatz zu den Fußballern des FC gehören die Haie aber zum Teuersten, was die Liga zu bieten hat. Da herrscht nach neun Niederlagen aus den jüngsten 15 Spielen und dem Sturz aus den Play-off-Rängen Endzeitstimmung. Vor dem Wochenende mit den brisanten Spielen in Düsseldorf (Freitag, 19.30 Uhr) und gegen Krefeld (Sonntag, 16.30 Uhr) hat Gesellschafter Frank Gotthardt Trainer Niklas Sundblad ein Ultimatum gesetzt: Nur bei zwei Siegen bleibt im Amt.

Dabei ist der Multimillionär aus Koblenz nicht unschuldig an der Misere. Seitdem er vor knapp eineinhalb Jahren den erfolgreichen wie unbequemen Uwe Krupp durch den loyalen Sundblad ersetzte, klappt nichts mehr. Bereits vergangene Saison hatten die Kölner die Endrunde verpasst. Und deswegen im Sommer groß eingekauft. Allerdings, das wird nun deutlich, zu viele Techniker und zu wenige Arbeiter. „Kein Kampfgeist, keine Moral, kein Biss! Nur Schönspieler“, schimpfte Ex-Trainer Hans Zach via „Express“.

Gesellschafter Gotthardt und seinem Geschäftsführer Peter Schönberger, ein Jurist, wird schon länger vorgeworfen, kaum Eishockey-Sachverstand zu haben. Doch wer die Rechnung bezahlt, entscheidet. Nicht die besten Voraussetzungen, um am Freitag zum 210. rheinischen Derby nach Düsseldorf zu fahren.

Rund um die DEG herrscht eine Euphorie wie seit Jahren nicht. Die Fans, die lange mit der modernen Arena im Gewerbegebiet fremdelten, strömen zu den Spielen. Das Derby ist mit 13 205 Zuschauern seit zehn Tagen ausverkauft. Selbst die teuren Business- und Logen-Plätze. Das gab es noch nie im Dome. Auch die Wirtschaft, die nach Skandalen und sportlichen Krisen Abstand zum Dauermeister der 90er genommen hatte, kommt langsam wieder. So wurde aus dem schönsten Trikot der Liga (komplett ohne Werbung) zwar das hässlichste (14 Werbe-Aufdrucke), aber dafür kommt wieder Geld rein.

Den Großteil stemmen dennoch die Gesellschafter Peter Hoberg und Mikhail Ponomarev. Im Gegensatz zum Kollegen in Köln gilt vor allem der russische Geschäftsmann als Eishockey-Experte, der schon Teams in der Heimat zu Titeln führte. Als er im Sommer 2014 bei der DEG einstieg, vertraute auf den als Cheftrainer unerfahrenen Christof Kreutzer. Und landete einen Glücksgriff. Kreutzer und sein kluger Co-Trainer Tobias Abstreiter haben die DEG mit einem durchschnittlichen Etat bis auf Rang drei geführt. Das Erfolgsrezept sind Emotionen und eine gelungene Mischung aus Eigengewächsen wie Mathias Niederberger, Spielern im besten Alter wie Ken-André Olimb sowie erfahrenen Anführern wie Kapitän Daniel Kreutzer. Der hat zwar bereits mehr als 1000 Spiele absolviert, stand zwei Mal im Finale, doch Meister wurde er nie. Es wäre die Karrierekrönung für den 36-Jährigen. Doch trotz der jüngsten Serie mit 13 Siegen aus 16 Spielen bleibt er gelassen. Diese Serie begann Ende November mit dem 6:3 in Köln. Am Spieltag zuvor, ein 0:3 gegen Wolfsburg, war die DEG ihrerseits am Tiefpunkt gewesen. Trainer Kreutzer polterte hinterher gegen die Fans, weil die sein Team verhöhnt hatten. Seitdem klappt fast alles. Deshalb sagt er mit Blick auf den ewigen Rivalen aus Köln: „Manchmal kann so etwas ja auch befreiend sein. Wir können aus eigener Erfahrung sagen, dass so eine Niederlage Wunder wirken kann.“ Vielleicht hat die Wende zum Guten bei den Haien ja genau während Moritz Müllers Interview in Iserlohn begonnen.