DEG: Heraus aus dem langen Schatten des Misserfolgs
Zwei Mal in Folge nicht in den Play-offs, nur eine gewonnene Serie in sechs Jahren. Die DEG wagt mal wieder einen Neuanfang. Mit dem stärksten Kader seit Jahren könnte der dieses Mal gelingen.
Düsseldorf. Es gehört zu den kuriosen Eigenarten dieses Sports, dass er immer dann in eine neue Saison startet, wenn die äußeren Umstände so gar nicht zu ihm passen wollen. Während die Menschen in Düsseldorf gestern bei Temperaturen um die 35 Grad schwitzten, traf sich eine Gruppe junger Männer an der Brehmstraße, um ein Spiel zu spielen, das einst im kanadischen Winter erfunden wurde. Und sie tat es mit einer auffallenden Freude. Da wurde auf dem Eis gelacht, da wurde hinterher für die rund 100 Fans lächelnd für Selfies posiert.
Das ist nicht ungewöhnlich für Eishockey-Spieler, wenn sie nach harten Wochen auf Laufbahnen oder in Krafträumen wieder in ihre natürlich Umgebung dürfen. Aber im Falle der Düsseldorfer EG hat das eine besondere Bewandtnis: Das erste Eistraining der neuen Saison ließ die enttäuschende Vorsaison mit Spielerrauswürfen, einer Trainerentlassung, dem Fan-Unmut und Platz elf zur abgeschlossenen Geschichte werden.
Seitdem ist viel passiert in diesem langen DEG-Sommer, der bereits im März begann. Verträge wurden nicht verlängert oder sogar aufgelöst, ein neuer Trainer und ein Dutzend neuer Spieler kamen. Und das teils von solch gutem Ruf, dass sich die Laune schlagartig gewandelt hat. Außen wie innen.
Verteidiger Marco Nowak hat die gestiegene Qualität bereits gestern am eigenen Leib erfahren. Gleich zu Beginn des Trainings spielte ihn Rückkehrer Ken-André Olimb während einer Zweikampfübung nach allen Regeln der Kunst aus. Nowak nahm es mit einem Lächeln. Er freue sich einfach über all die neuen Kollegen, die auch bei anderen Clubs auf dem Zettel standen und sich trotzdem für die DEG entschieden haben. Prompt zählt er seine Mannschaft nun zu den „Top sechs“ der Deutschen Eishockey Liga.
Das ist gewagt angesichts der finanziell wie sportlich enteilten Konkurrenz aus München, Berlin, Mannheim, Nürnberg und Köln. Aber es zeigt, dass sie an der Brehmstraße dran glauben, endlich aus dem langen Schatten des Misserfolgs heraustreten zu können. Rechnet man die beiden schwierigen Jahre nach dem Metro-Ausstieg hinzu, hat die DEG trotz des kurzen Aufschwungs unter Christof Kreutzer seit Sommer 2012 nur eine Play-off-Serie gewonnen. In vier der sechs Jahre hat sie die aufregendste Zeit des Jahres vom Sofa aus erlebt. Diese „Kultur des Verlierens“, wie sie das in Nordamerika nennen, kann sich in einem Club festsetzen. Selbst wenn das Personal wechselt. Der jetzige ist nicht der erste Neuanfang der vergangenen Jahre.
Harold Kreis, 59 und seit mehr als zwei Jahrzehnten im Trainergeschäft, hat unlängst festgestellt, dass die jüngere Vergangenheit bei der DEG noch immer Thema ist. Also gab er die Parole aus: Nicht mehr nach hinten schauen. Es sei denn, man könne daraus für die Zukunft lernen. Er selbst hat das getan und will die Trainingsintensität anders steuern. „Gewisse Sachen in der Vorbereitung der Saison“ hätten im Vorjahr nicht gepasst, habe er gehört, „vom Umfang her etwas zu viel“, das sei „mental belastend“ gewesen.
Beobachter hatten das während der Saison vermutet, als die DEG nach ordentlichem Start erst stagnierte und dann abbaute. Dass das nicht nur sportliche Gründe hatte, war häufiger zu hören. Hinter vorgehaltener Hand auch von den Spielern. Der mindestens seltsam kommunizierende Trainer Mike Pellegrims hatte in der Kabine nicht nur Freunde.
Schlecht über den alten Coach reden wollte niemand, aber manchmal sagt die Freude über das Neue ja auch etwas zur Qualität des Alten. Kaum ein Spieler, der gestern keine Spielfreude zeigte oder volles Tempo ging. Kaum einer, der später nicht den neuen Zusammenhalt und die angenehme Art von Harold Kreis lobte. Der wollte genau das sehen: Einsatz, natürlich, aber allem Profitum zum Trotz sei Eishockey doch ein Spiel, und spielen solle man stets mit Freude.
Deswegen gehe es während der zwölf Einheiten bis zum ersten Test in Essen (11. August) nicht bloß um konditionelle, spielerische oder taktische Dinge, „wichtig ist es, als Team zusammenzuwachsen“, sagte Co-Trainer Tobias Abstreiter. Was klingt, wie die älteste Sportphrase der Welt, hat einen ernsten Hintergrund. Abstreiter sprach offen von „ein paar Grüppchen“ im Kader des Vorjahres. Das sei nun aber vergessen, die Saison sei nicht in den Köpfen verankert, wenn überhaupt, sagte er, „vielleicht als Warnung“.