Deutsche Eishockey Liga Eishockey: NRW-Vertreter können die Play-offs nur vom Sofa aus erleben

Wenn die Eishockey-Saison am Donnerstag in die heiße Phase geht, gucken die Vereine aus NRW nur zu. Zum ersten Mal könnte ein Jahrzehnt ohne Meister aus Düsseldorf, Krefeld oder Köln enden.

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Düsseldorf. Am Dienstag ging es ans Aufräumen bei den Kölner Haien. Die Spieler leerten ihre Spinde, Trainer und Manager führten Abschlussgespräche. Das sei „für uns alle hier keine schöne Zeit“, sagte Trainer Peter Draisaitl dem Fanmagazin „Haimspiel“. Denn natürlich kann es für die finanziell bestens ausgestatteten Haie nicht der Anspruch sein, die am Donnerstag beginnenden Halbfinal-Serien der Deutschen Eishockey Liga vom Sofa aus zu erleben. So wie es die anderen NRW-Vereine aus Düsseldorf, Krefeld und Iserlohn tun.

Auch darunter gibt es für die Eishockey-Freunde an Rhein und Ruhr nicht viel zu lachen. In der DEL 2 spielt seit Jahren kein NRW-Vertreter, in der semiprofessionellen dritten Liga ist nur noch Essen in den Play-offs. Herne und der chaotische EV Duisburg, der immer neue Trainer rausschmeißt und kritische Journalisten aussperrt, sind längst raus. Damit geht es ihnen immer noch besser als den ehemaligen Erst- oder Zweitligisten aus Ratingen, Solingen, Neuss, Dortmund oder Grefrath. Die zogen zurück und gründeten sich neu. Teils mehrfach. Heute sind sie im Amateurbereich zu finden.

Das hat strukturelle Gründe in einem Fußball-Land wie NRW, in dem über die Jahre Dutzende Eishallen geschlossen wurden oder wie in Krefeld vor sich hinrosten. Das hat aber auch individuelle Gründe. Zu häufig waren windige Geschäftsleute bei den Clubs am Ruder. Weil die jedem glaubten, der große Geldscheine und noch größere Visionen hatte. Für die Vereine endete das nicht selten mit bösen Briefen vom Finanzamt, für manchen Funktionär in Untersuchungshaft. Von den Kleinkriegen im Landeseissportverband (LEV) um den skandalumwitterten Ex-Chef Wolfgang Sorge ganz zu schweigen.

Vor knapp drei Jahren wurde alles auf null gestellt. 38 Vereine im Land gründeten ihren eigenen Eishockeyverband NRW (EHV). Seitdem räumt der die Scherben der Vergangenheit beiseite und kümmert sich um Amateure und Nachwuchs. Der verzeichnet Zuwächse, sagt Achim Staudt aus dem EHV-Vorstand und lobt auch die kleineren Vereine. Es tue sich etwas im NRW-Eishockey. In den Play-offs kämen selbst in der vierten Liga 1000 Zuschauer. Aber noch immer fehlt es dem teuren Sport an Lobby — und damit an Sponsoren und wohlwollenden Politikern, die Eishallen bauen lassen. Im Schnitt sind die in NRW älter als 40 Jahre, vielerorts klappt es nur durch ständiges Improvisieren, ehrenamtliche Arbeit und Gönner.

Staudt ist weit davon entfernt, die Schuld bei den Profis zu suchen, aber auch er hofft auf mehr Erfolge und Aufmerksamkeit, „gerade wenn jetzt nach der Silbermedaille bei Olympia mehr Kinder zu uns kommen wollen“. Doch die müssen teilweise abgewiesen werden, weil es keine freien Eiszeiten mehr gibt und die Teams voll sind. Umso wichtiger wären Titel in der DEL. Der bis heute letzte für ein Team aus NRW ist 15 Jahre her, als Krefeld gewann. Das zweite Jahrzehnt des Jahrtausends droht zum ersten seit dem Zweiten Weltkrieg ohne Eishockey-Meister aus NRW zu werden.

Zwischen 1951 und 2003 gingen 19 der 53 Titel nach Krefeld (Preußen, KEV, Pinguine), Düsseldorf (DEG) und Köln (KEC, Haie). Über Jahrzehnte fanden die Derbys zwischen DEG und KEC mehr Beachtung als die meisten Fußballspiele. Namen wie Schneitberger, Kießling oder Truntschka waren auch außerhalb des Eishockeys bekannt. Heute sucht man Spielerpersönlichkeiten meist vergebens. Erst recht, nachdem nun auch die Generation um Mirko Lüdemann (Köln), Daniel Kreutzer (Düsseldorf) und Christian Ehrhoff (Krefeld und zuletzt Köln) abgetreten ist.

Mittlerweile sind sie froh, wenn zumindest die Derbys ausverkauft sind. Vor allem in dieser unruhigen Saison. Alle drei rheinischen Vertreter haben im Vergleich zur Vorsaison Zuschauer verloren. In Köln (11398) sind es mehr als 1200 pro Spiel, in Düsseldorf (7656) und Krefeld (4186) zwar nur ein paar Hundert, die Laune ist dennoch bescheiden. Die DEG verpasste trotz groß angekündigten Umschwungs und Trainerwechsels die Play-offs — zum vierten Mal in sechs Jahren. Längst ist aus dem Serienmeister von der Brehmstraße ein Scheinriese geworden. Beim KEV — zwei Mal in Folge Letzter — drohten die Lichter gar komplett auszugehen. Zwar ist zumindest die nächste Saison finanziell abgesichert, große Sprünge sind aber wieder nicht drin. Weil es keinen Auf- und Abstieg gibt, gab der Verein lange vor Saisonende seine besten Spieler ab, um Geld zu sparen. Die letzten Heimspiele wirkten wie Trauerfeiern.

Die positive Ausnahme bleiben die Iserlohn Roosters. Mit günstigen Deutsch-Kanadiern und lokalen Sponsoren haben sie es erneut in die erste Play-offs-Runde geschafft. Danach war Schluss, aber das reicht ihnen im Sauerland, die kleine Halle ist mit knapp 4500 Fans meist voll. Titelchancen haben aber auch die Roosters nicht. Selbst dann nicht, wenn sie wie vor zwei Jahren nach der Hauptrunde Dritter sind. Danach kauften die Topclubs ihnen die Spieler weg.

Zwei davon — Brooks Macek mit dem EHC München und Nick Petersen mit den Eisbären Berlin — starten am Donnerstag ins Halbfinale. Die Teams aus NRW gucken nur zu.