Verkauft KEV-Boss Schulz die DEL-Lizenz? - Angst um Eishockey-Standort Krefeld

Das Engagement des Gespanns Wagener/Ehrhoff bei den Krefeld Pinguinen wird offenbar verhindert. Es gibt schwere Vorwürfe aus dem KEV-Umfeld gegen Klub-Boss Schulz.

Krefeld. Das KEV-Umfeld schlägt Alarm. Enge Vereinskenner, aktuelle Mitglieder des Aufsichtsrats und ehemalige Beschäftigte schildern unabhängig voneinander, dass sie massiv um den Eishockey-Standort Krefeld bangen. Ihre Befürchtung: Aufsichtsrat-Chef Wolfgang Schulz, der viel eigenes Geld in den Verein gesteckt hat, verkauft die DEL-Lizenz bald an die Löwen Frankfurt, die bereits ihre Halle entsprechend umbauen. Darum habe Schulz auch das aktuelle Angebot des Sport- und Finanzduos Christian Ehrhoff und Gerald Wagener, die Zukunft der Pinguine zu gestalten, verhindert. Wagener und Ehrhoff möchten eine entsprechende WZ-Anfrage nicht kommentieren. Dafür tut es Pinguine-Geschäftsführer Matthias Roos: „Ja, das ist mir bekannt.“

Die Sorge um den Standort teilen die WZ-Gesprächspartner mit anderen Multiplikatoren in der Stadt. Die Gespräche sind dokumentiert, genannt werden möchte niemand. Die Verdienste von Schulz um das Krefelder Eishockey stellt auch niemand infrage. Der permanent klamme Profiklub sei ihm aber längst über den Kopf gewachsen, heißt es. Die Führung eines rentablen und erfolgreichen Eishockey-Klubs, der in einer Liga mit den Sabos und Red Bulls die Play-offs erreichen möchte, sei zwei Nummern zu groß. Die jüngsten Ergebnisse belegten dies, die erfolglose Suche nach potenten Geldgebern mithin. Nein, man wolle Schulz nicht ans Bein pinkeln. Es gehe um den Standort Krefeld und tausende Fans.

Hatten nach WZ-Informationen konkrete Pläne für den KEV: der Krefelder Unternehmer Gerald Wagener (links) und Eishockey-Star Christian Ehrhoff. Archivfoto/Foto: abi

Es gehe vor allem um die Außendarstellung des Klubs. Das ständige „Von der Hand in den Mund“-Prinzip habe letztlich dafür gesorgt, dass der Verein innerhalb der letzten drei Jahre vier Geschäftsführer verschlissen habe, die ja immerhin in der Haftung stünden. „Zwischendurch“, sagt ein Informant, „ist der KEV immer wieder zahlungsunfähig.“ Aktuelle Löcher würden dann mit Sponsoring-Geldern für die nächste Zukunft gestopft, Rechnungen bei Engpässen schlicht nicht beglichen. Das merkten vor allem die Spieler, wenn ab Februar die Gehälter auf ein Minimum eingefroren würden. Das „System Krefeld“ sei in der Hockey-Welt bekannt und geprägt von bilanzieller Überschuldung, dem Verdacht auf Insolvenzverschleppung, von willkürlich gezahlten Spielergehältern, einem äußerst patriarchalischen Führungsstil und unbotsamer Einmischung des Pinguine-Chefs bis in die Gesundheitsbeurteilung einzelner Spieler.

Es sind schwere Vorwürfe, die im Vereinsumfeld erhoben werden. Der WZ liegt der Jahresabschlussbericht der KEV Pinguine Eishockey GmbH zum 30. April 2016 vor. Demnach steht bei den Aktiva ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von 1.761.308,10 Millionen Euro, bei den Passiva einer von 248.667,30 Euro. Gesund ist anders, aber damit haben die Pinguine, das sei auch gesagt, gerade in der Zweiklassengesellschaft DEL kein Alleinstellungsmerkmal. Wenig hilfreich ist dann freilich, wenn Zahlungsverzögerungen beim Finanzamt öffentlich werden, wie im Frühjahr.

Klub-Boss Schulz hat sich im Laufe der Jahre Respekt erworben, zuletzt aber eine Folklore entwickelt, die seine Position, so sehen es die Kritiker, schwächt. Das Ausbleiben frischer Geldgeber kompensiert Schulz mit Forderungen. Hallenmiete runter, Beteiligung am Bierausschank — der KEV hangelt sich in diesem Zustand von Jahr zu Jahr, sein Schicksal bestimmen die Politik, Schulz und die Geduld der Sponsoren, deren Mittel endlich sind. Schulz’ ständigem Ruf nach mehr öffentlicher Unterstützung stehen Sponsoringzahlen entgegen, die der WZ ebenfalls vorliegen: Stadtwerke mit SWK, EGN und lekker, Sparkasse Krefeld sowie Wohnstätte zusammen kommen als Topsponsoren auf über eine Million Euro. Hinzu kommt der neue KöPa-Vertrag, der eine Hallenmiete von gerade mal 45.000 Euro zugrunde legt. Geld, auf das die Seidenweber GmbH verzichtet.

Nun will Pinguine-Chef Schulz doch weitermachen. Foto/Archiv: abi

Der WZ liegen auch Jahresgehaltsabrechnungen von Spielern vor. Unter anderem die von Mark Mancari und Martin Schymainski. Um die beiden ranken Geschichten, die geeignet sind, die Pinguine-Welt zu begreifen. Und die gehen so: Mancari, mit weit jenseits der 70.000 Euro netto kein Schlechtverdiener, war ein Lieblingsspieler des Klubbosses. Der sportliche Berater Rüdiger Noack habe abgewunken, Trainer Franz Fritzmeier ebenso. Mancari fiel bei der sportärztlichen Untersuchung durch, brachte nicht mal Kniebeugen zustande. Geholt wurde er trotzdem. Als er sich tatsächlich als verzichtbar herausstellte, sollte er sportuntauglich geschrieben werden, sofort gehen, ohne Abfindung.

Publikumsliebling Schymainski erkrankte bekanntlich am Pfeifferschen Drüsenfieber, die Pinguine verpflichteten Dragan Umicevic nach. Das Kraftpaket Schymi erholte sich erstaunlich schnell — zu schnell. Die Ärzte wollten ihn gesundschreiben, die Klubführung noch ein wenig Gehalt einsparen, daher wurde der Krankenschein verlängert.

In dieser Gemengelage tauchen Christian Ehrhoff und Gerald Wagener im Rathaus auf. Nach WZ-Informationen habe man OB Meyer den Plan vorgetragen, dass Ehrhoff sich um die sportlichen Belange kümmern wolle, Wagener um die finanziellen. Der habe, wie es heißt, sowohl das Interesse des russischen Konzerns Rosneft bekundet als auch ein eigenes Engagement in Aussicht gestellt. Wagener gilt als Intimus von Fressnapf-Boss und Eishockey-Fan Torsten Toeller. Geplant hatten beiden offenbar mit einem Mindestetat von acht Millionen Euro, was einer Verdoppelung des jetzigen gleichkäme. Schulz durchkreuzt diese Pläne, indem er, anders als intern geplant, ankündigt, doch nicht nach der nächsten Saison aufzuhören. Auch hier gilt: Es gibt keine offizielle Bestätigung, aber auch kein Dementi.

Schulz hat immer wieder bekräftigt, das „Messer nicht im Schwein stecken zu lassen“. Er hat das Schwein, um im Bild zu bleiben, erst aufgepäppelt, dann über viele Jahre gefüttert, schließlich irgendwie am Leben erhalten. Krefeld sorgt sich, dass er es nun tötet.