DEL Playoff-Finale Eisbären nach Thriller vor Final-Wende - Träume wie 2012

München (dpa) - Nach 61 Minuten Playoff-Wahnsinn in München glauben die Eisbären Berlin wieder ganz fest an das Titel-Wunder und eine weitere Comeback-Story für die deutschen Eishockey-Annalen.

Foto: dpa

„Alles ist möglich“, meinte Abwehrspieler Frank Hördler nach dem furiosen 6:5-Overtime-Erfolg vom Sonntag und fasste mit dieser Floskel das plötzlich wieder offene Finale der Deutschen Eishockey Liga zusammen. Statt München zur dritten Meisterschaft nacheinander gratulieren zu müssen, kämpfen die euphorisierten Hauptstädter am Dienstag in eigener Halle um den Ausgleich in der Endspielserie. Ob die eigentlich so selbstsicheren Münchner den Heim-K.o. abhaken können?

Die Eisbären jedenfalls setzen darauf, dass der eigentlich als fast unschlagbar eingestufte Titelverteidiger doch noch Nervenflattern bekommt. „Schön wäre es“, sagte Olympia-Silbermedaillengewinner Hördler, der hofft, dass beim Gegner nun „irgendwo Fragezeichen im Kopf“ sind. München hatte in den vergangenen Jahren noch in keiner Playoff-Serie mehr als ein Spiel verloren, bei frühsommerlich warmen Außentemperaturen war am Sonntag eigentlich alles angerichtet für die heiße Hattrick-Party. Doch die platzte, und auch der Schwung vor Partie Nummer sechs scheint nun klar bei den Berlinern zu sein.

Während sich die Münchner frustriert nach Hause verzogen und am Sonntagnachmittag auch keine Lust mehr auf Journalistenfragen hatten, waren die Chancen der Berlin auf den achten DEL-Titel und den ersten seit 2013 schlagartig gestiegen. „Don't worry about a thing, 'cause every little thing is gonna be alright“, sang Bob Marley über die Lautsprecher in der Eisbären-Kabine: Keine Sorge, alles wird gut!

Schon wurden Erinnerungen wach an einen legendären Eishockey-Sonntag auf den Tag genau vor sechs Jahren: An jenem 22. April 2012 lag Berlin im DEL-Finale nach Best-of-Five-Modus mit 1:2-Siegen gegen Mannheim zurück. In Partie Nummer vier führten die Adler schon mit 5:2, die Berliner Pleite und das Ende der Titelhoffnungen schienen 13 Minuten vor Schluss besiegelt. Aber das Team kam - damals noch trainiert vom jetzigen Münchner Coach Don Jackson - zurück und gewann nach einem atemberaubenden Finish nach Verlängerung. Und zwei Tage später holten die Hauptstädter in Berlin dann doch noch den Pokal.

Damals schon dabei war Eisbären-Stürmer André Rankel. An Mannheim habe er während der Partie in München zwar nicht gedacht, sagte der Kapitän, und auch der Spielverlauf sei ja ein anderer gewesen. Aber „von mir aus können wir das so weitermachen und das Ende das gleiche bleiben“, bemerkte der Routinier vor dem Heimflug nach Berlin.

Diese Eisbären scheinen bereit für ein weiteres Kapitel DEL-Historie. Noch nie hat eine Mannschaft in einer Finalserie ein 1:3 aufgeholt und ist noch Meister geworden. In der deutschen Playoffs-Geschichte war so ein Kunststück zuvor nur 2008 im Viertelfinale den Frankfurt Lions gegen Iserlohn gelungen. Ob das oft beschworene Momentum nun vom EHC Red Bull zu den Eisbären gewandert sei, wurde Stürmer Thomas Oppenheimer gefragt. „Ich hatte noch nie das Gefühl, dass es bei München war“, sagte der deutsche Nationalspieler und grinste.

Dabei verschwieg der gebürtige Oberbayer freilich, dass Red Bull in den drei Partien zuvor durch Kaltschnäuzigkeit überzeugt hatte und auch am Sonntag in der Schlussphase beim Stand von 5:5 nah dran war am Sieg und dem Meistertitel. In der Verlängerung vergab Brooks Macek dann vor dem leeren Tor, im Gegenzug ließ Jamie MacQueen die Gäste jubeln. „Das war herzzerreißend“, resümierte Münchens Coach Jackson.

Berlin-Trainer Uwe Krupp war die Frage nach dem Momentum viel zu spekulativ, er wollte an einen möglichen Showdown wieder in München nicht denken. „Wir bereiten uns auf das Spiel in Berlin vor. Weiter braucht niemand zu überlegen“, sagte der frühere NHL-Profi.