Entscheidung Fortunas Sportvorstand - Pfannenstiels neue Grenzerfahrung

Der ehemalige Fußball-Torwart wird neuer Sport-Vorstand bei Fortuna Düsseldorf. Seine Aufgabe: Retten, was zu retten ist.

Der deutsche Ex-Torhüter Lutz Pfannenstiel, hier vor zehn Jahren aufgenommen in Vancouver/Kanada im Spiel gegen die Seattle Sounders. 

Foto: picture-alliance/ dpa/Bob Frid

Über seine Grenzerfahrungen hat Lutz Pfannenstiel ein Buch geschrieben. „Meine Abenteuer als Welttorhüter“ heißt das Gebundene, und der Begriff „Welttorhüter“ meint hier nicht die bisweilen falsch verstandene Bedeutung, als handele es sich hier um den besten Torwart der Welt.

Vielmehr war Pfannenstiel immer der reiselustigste, mutigste und vielleicht auch verrückteste Torwart der Welt. Jetzt macht sich der 45-Jährige auf zur nächsten Grenzerfahrung: Das erste Mal wird der Mann mit dem mittelgescheitelten, halblangen Haar einen Chefposten bei einem deutschen Fußball-Erstligisten übernehmen: Pfannenstiel besetzt ab 16. Dezember den Posten des Sportvorstandes bei Fortuna Düsseldorf.

Hauptamtlich: Vorgänger Erich Rutemöller hatte den Job bis dato ehrenamtlich ausgeführt, der 73-Jährige soll künftig mit dem Neuen zusammenarbeiten, sich aber wohl eher um den Nachwuchsbereich und das Nachwuchsleistungszentrum bemühen. In Hoffenheim war Pfannenstiel, geboren im niederbayerischen Zwiesel, zuletzt „Leiter Internationale Beziehungen“.

Es wartet direkt ein scharfer Einstieg auf den unterhaltsamen Mann, der Fortuna ein bisschen Farbe geben könnte: Die Wintertransferperiode steht bevor, der neue Sportvorstand darf nicht daneben greifen, eine „signifikante Summe“, so Aufsichtsrat Reinhold Ernst unlängst, steht für eine Einkaufstour zur Verfügung. Kein Zweifel herrscht im gesamten Verein, dass das Team von Trainer Friedhelm Funkel Verstärkung für den Ligaerhalt braucht: derzeit grüßt man vom Tabellenende.

Umtriebig, verbindlich, exzellenter Netzwerker

Aus dem Hoffenheimer Umfeld hört man nur Gutes über Pfannenstiel: Extrem umtriebig sei er, sehr verbindlich, charakterlich einwandfrei – und noch dazu ein exzellenter Netzwerker. Es nutzt eben, wenn man sich in der Branche schon an manchen Orten herumgetrieben und einen Namen gemacht hat, und Pfannenstiel ist in dieser Beziehung unerreicht: Er spielte bei Ramblers FC, Manglerud Star, Floy IL, Hermann Aichinger-SC, Vancouver Whitecaps, Bærum SK, Bentonit FC, FK Vllaznia Shkodër, Otago United, Calgary Mustangs, Dunedin Technical, Bradford Park Avenue, ASV Cham, Huddersfield Town, Bradford Park Avenue, Geylang United FC, SV Wacker Burghausen, PK Isalmi, FC Haka Valkeakoski, TPV Tampere, Sembawang Rangers, Nottingham Forest, Orlando Pirates FC, Wimbledon, Penang FA und dem 1. FC Kötzting.

Wer jetzt noch dabei ist, hier die Zusatzinfo: das Ganze ist zeitlich in umgekehrter Reihenfolge abgebildet. Und wer davon kaum einen Verein kennt, der darf sich jetzt durch die ganze Welt „googlen“, 25 Vereine, zwölf Länder: Pfannenstiel war der Erste, der er bei allen sechs Kontinentalverbänden in einer Liga gespielt hat.

Vielmehr aber interessieren ja die Beweggründe, von Kontinent zu Kontinent zu reisen, niemals lange zu bleiben, aber doch immer voll da zu sein. Pfannenstiel wollte alles: Erfahrungen und Rekorde, Geld und tolle Stadien. Die Karriere geriet schillernd – und manchmal auch wahnsinnig: In Singapur zum Beispiel landete er trotz Modelvertrag und eigener TV-Show für 101 Tage im Knast, weil er angeblich Spiele verschoben hatte. „Da wollte man mir etwas in die Schuhe schieben. Ich dachte an Selbstmord“, erzählte er mal in einem Interview.

Und als in Bradford ein Knie eines Gegenspielers seinen Solarplexus rammte und das Brustbein zertrümmerte, war Pfannenstiel dreimal klinisch tot, ehe ihn Physiotherapeuten retten konnten. „Diese Erlebnisse haben mich zu einem besseren Menschen gemacht“, sagt Pfannenstiel. Vergangenheit.

Chance für Pfannestiel und Fortuna

Jetzt hat er die Chance, sich im Profifußball dauerhaft zu etablieren. Eine Chance für ihn, eine Chance auch für den Verein: Bereits im ersten Gespräch habe er gespürt, dass Fortuna „ein spannender Verein ist, in dem sich sehr viel bewegen lässt“, sagte Pfannenstiel. „Ich möchte diesen Weg mitgehen und dabei helfen, dass sich Fortuna in der ersten Liga etabliert.“ Vorher hatte die TSG Hoffenheim dem Wunsch nach Vertragsauflösung zugestimmt, man wollte der Karriere nicht schaden, hieß es.

Fortunas Aufsichtsratsvorsitzender Ernst hatte schon im Interview mit dieser Zeitung vor einer Woche angekündigt, dass sich der Verein „strukturell weiterentwickeln“ wolle „Wir sind gut aufgestellt, wollen aber jetzt den nächsten Schritt gehen.“ Man habe in den letzten Monaten viele Gespräche mit möglichen Kandidaten geführt, „Pfannenstiel hat uns dabei mit seiner Fachkompetenz und seiner Persönlichkeit überzeugt“, sagte Ernst, der Pfannenstiel den Platz an der Seite von Vorstandsboss Robert Schäfer, Sven Mühlenbeck und Erich Rutemöller im Vorstand zuweist.