Hertha trainiert „wie vor regulärem Spiel“
Berlin (dpa) - Für Hertha BSC ist die Saison noch längst nicht vorbei. Nach dem Einspruch gegen die Wertung des Chaosspiels von Düsseldorf zeigen sich die Berliner wild entschlossen und optimistisch, den sechsten Abstieg aus der Bundesliga doch noch vermeiden zu können.
Der Urlaub ist verschoben, das Berlin-Abenteuer von Otto Rehhagel geht in die Verlängerung. Am Freitag schickt der Chefcoach, dessen Nachfolger Jos Luhukay sein wird, seine Profis wieder auf den Platz. „Wir trainieren wie vor einem regulären Bundesligaspiel“, verkündete Clubsprecher Peter Bohmbach.
Kurzfristig will Hertha in einem Wiederholungsspiel den Verbleib in Deutschlands Eliteklasse sichern - langfristig trägt die Hoffnung der in dieser Saison von einer Krise in die nächste getaumelten Hauptstädter den Namen Luhukay. Wie die Berliner am Donnerstag bestätigten, hat der Niederländer an der Spree einen Zweijahresvertrag für die 1. und 2. Liga bis 2014 unterschrieben.
„Ich freue mich auf die extrem reizvolle Aufgabe bei Hertha BSC und in Berlin. Ich habe Michael Preetz meine Zusage deshalb ganz bewusst für beide Ligen gegeben“, meinte der Coach, der mit Borussia Mönchengladbach und dem FC Augsburg bereits den Aufstieg von der 2. Liga ins deutsche Fußball-Oberhaus geschafft hat.
Das wird womöglich auch in der neuen Spielzeit Luhukays Ziel sein. Das 2:2 im Relegationsrückspiel bei Fortuna Düsseldorf hatte den Absturz der Hertha sportlich besiegelt - aber die Hauptstädter wollen am Grünen Tisch ein Wiederholungsmatch erstreiten. „Mit einem sportlichen Geschehen hatte dies nichts mehr zu tun“, sagte Manager Preetz zu den Vorfällen vom Dienstag, als Fortuna-Fans schon vor dem Abpfiff den Rasen gestürmt hatten. „Die Spieler hatten Angst. Es ging nicht mehr um das sportliche Geschehen, sondern um die eigene Sicherheit.“
Hertha-Anwalt Christoph Schickhardt ist zuversichtlich, dass der Deutsche Fußball-Bund (DFB) dem Protest gegen die Spielwertung stattgeben wird. „Wir haben eine große Chance. Das Sportgericht wendet einfach die eigene Satzung an. Und da steht klipp und klar drin, dass ein Spiel, das unter solchen Umständen stattfindet, nicht gewertet wird und wiederholt wird“, sagte der Anwalt.
Am Freitag um 15.00 Uhr wird in Berlin nun wieder trainiert. Kurios: Zeitgleich tagt das DFB-Sportgericht, um über das Anliegen der Berliner zu beraten. Die mündliche Verhandlung beginnt um 13.30 Uhr in der Frankfurter Verbandszentrale. Gegen eine Entscheidung des Sportgerichts können beide Vereine aber nochmals Einspruch einlegen, das Verfahren würde dann vor das DFB-Bundesgericht gehen.
Allerdings droht Hertha wegen der chaotischen Schlussphase von Düsseldorf auch Ungemach: Der DFB-Kontrollausschuss leitete Ermittlungen gegen die Profis Lewan Kobiaschwili, Thomas Kraft, Christian Lell und Andre Mijatovic ein. Kobiaschwili wird nach DFB-Angaben vom Mittwochabend vorgeworfen, Schiedsrichter Wolfgang Stark nach Spielschluss in den Nacken geschlagen zu haben. Seine drei Teamkollegen sollen den Referee nach dem Abpfiff beleidigt haben.
Für Otto Rehhagel hätte die Berliner Rettungsmission, die grandios zu scheitern droht, nicht turbulenter enden können. Wobei der Altmeister von einem Ende noch nicht sprechen will. „Jetzt zählt nur noch Hertha und der Protest!“, sagte Rehhagel der „Bild“-Zeitung. In der Vorwoche hatte der Coach verkündet, nach dem Relegationsrückspiel in den Urlaub zu fahren. Zu den chaotischen Szenen in Düsseldorf sagte er: „Die Begleitumstände sind natürlich eine Katastrophe.“
Sollte nicht noch ein sportjuristisches Wunder geschehen, fällt Berlin in die Peinlichkeit zurück, einzige Hauptstadt Europas ohne Erstliga-Verein zu sein. Und ob die Bundesliga-Rückkehr wie nach dem Abstieg vor zwei Jahren erneut auf Anhieb gelingt, scheint mehr als fraglich. Hertha muss sparen, dem Team droht der Ausverkauf. Statt 25 Millionen stehen dem von 37,5 Millionen Schulden gedrückten Verein künftig noch etwa zehn Millionen Euro für das Personal zur Verfügung.
Bei einem Abstieg gilt als sicher, dass vor allem die teuren Südamerikaner Raffael, Ronny und Adrian Ramos nicht zu halten sein werden. Ein Neuaufbau um den neuen Anführer Thomas Kraft und Peter Niemeyer ist die Herkulesaufgabe des Managers, der nach dem Willen von Präsident Werner Gegenbauer weiter Michael Preetz heißen soll - dagegen formiert sich aber bereits seit längerem Widerstand im Präsidium. Das Chaos in Berlin scheint noch länger anzudauern.