Fußball-Bundesliga Die Bender-Zwillinge als Anführer

Leverkusen. · Geht es um Bayer Leverkusen, dann reden alle von Kai Havertz. Doch die eigentlichen Schlüsselspieler sind Lars und Sven Bender.

Sven (l.) und Lars Bender auf dem Weg aus der Kabine im Gespräch vertieft. Beide gehören bei Leverkusen zu den Wortführern auf dem Platz.

Foto: dpa/Marius Becker

Fast zwei Wochen ist der TSV Bayer 04 Leverkusen nun schon wieder im Training. Nur 17 Tage hatten die Spieler von Trainer Peter Bosz frei, um nach dem gegen den FC Bayern München mit 2:4 verlorenen DFB-Pokal-Finale etwas abzuschalten. Der Grund für die kurze Pause ist, dass nun auch die Uefa ihre Wettbewerbe fortsetzen möchte und auf internationalem Parkett ist die „Werkself“ noch dabei. In der Europa League geht es am Donnerstag (18.55 Uhr, live bei DAZN) gegen die Glasgow Rangers um den Einzug ins Viertelfinale.

In der heimischen Arena ist die Ausgangslage vor dem Duell mit dem schottischen Rekordmeister gut. Das Achtelfinal-Hinspiel im legendären Ibrox-Park hat Leverkusen mit 3:1 gewonnen. Das war vor fünf Monaten, exakt am 12. März und damit nur einen Tag, bevor die Bundesliga ihren Spielbetrieb ob der Corona-Krise bis auf Weiteres einstellte. Im Ibrox-Park waren noch 47 494 Zuschauer mit von der Partie - doch die ganze Szenerie wirkte bereits äußerst surreal, wie „kicker“-Reporter Stephan von Nocks beschrieb.

„Was sich in den Stunden vor dem Anpfiff in meinem Kopf abgespielt hat, war schizophren. Ich hoffte tatsächlich, dass das Spiel nicht abgesagt werden würde. Aber wie bescheuert muss man sein, sich in Zeiten von Corona zu wünschen, mit fast 50 000 anderen Menschen in einem der engsten Stadien der Welt zu sitzen?“, schrieb von Nocks in seinem Reise-Bericht. Doch an jenem Tag gab es in ganz Schottland nur 60 gemeldete Fälle von Covid-19, die folgende Dynamik der Pandemie aber sorgte dann sogar für den Abbruch der Saison.

Im möglichen Viertelfinale könnte es zum Duell mit Inter kommen

Dies schien für die „Werkself“ lange Zeit von Vorteil zu sein. Inzwischen jedoch haben sich die Vorzeichen geändert. Während die Rangers vergangenen Samstag mit einem 1:0 beim FC Aberdeen in die neue Spielzeit starteten und zuvor auch in ihren vier Vorbereitungsspielen gegen Olympique Lyon (2:0), OGC Nizza (2:0), den FC Motherwell (4:0) sowie Coventry City (2:0) vier Siege ohne Gegentreffer landeten, muss das Team von Trainer Peter Bosz erst wieder „hochfahren“. „Es könnte Substanz auf der Strecke geblieben sein“, sagte Kapitän Lars Bender.

Dennoch müssen die Rangers in jedem Fall drei Treffer erzielen, insofern sollte Leverkusen das End-Turnier der Europa League eigentlich erreichen. Dieses wird bis zum 21. August in Köln, Düsseldorf, Gelsenkirchen sowie Duisburg ausgetragen. Anders als üblich entscheidet dabei in jeder Runde nur eine Partie über „Hop oder Top“, wobei die „Werkself“ im Viertelfinale auf den Sieger des Duells zwischen Inter Mailand und dem spanischen Tabellen-Achten FC Getafe treffen würde. „Das ist wie eine Art EM“, sagte Lars Bender.

Bei dieser ist auch der vor einem Wechsel zu Chelsea London stehende Kai Havertz mit an Bord. Doch während der 21-Jährige in der Öffentlichkeit als Heilsbringer für den durchaus angestrebten Titelgewinn erachtet wird, sind die Schlüsselfiguren eher andere. Mit all ihrer internationalen Erfahrung aus der A-Nationalmannschaft oder Spielen der Champions League sind die Bender-Zwillinge die heimlichen Anführer des jungen Kaders. Nach außen hin ruhig und besonnen, entpuppen sich die Beiden auf dem Feld sowie in der Kabine emotional und lautstark.

Die Benders können bayerisch herb die Fetzen fliegen lassen

Verlieren können die Brüder aus Rosenheim überhaupt nicht. Wenn von ihnen dazu bei dem einen oder anderen Mitspieler auch noch eine laxe Einstellung oder der fehlende unbedingte Siegeswille erkannt wird, dann fliegen bajuwarisch derb die Fetzen. Dann stehen Lars wie der um zwölf Minuten jüngere Sven schon beim Gang vom Rasen in die Kabine unter Strom. Erzürnt wird lautstark gestritten und gestenreich diskutiert. „Man kann mal schlecht spielen. Aber laufen, kämpfen und Eínsatz zeigen kann man immer“, meint Lars.

Gerade in der aktuellen Situation einer unrhythmischen und körperlich wie mental kräftezehrenden Saison muss der innere Schweinehund überwunden werden. Da braucht eine Mannschaft just die Gewinner-Mentalität der Benders.

Als Antreiber und Vorkämpfer sind die beiden 31-Jährigen die Seele der „Werkself“. Oft allerdings haben sie ihre Berufsauffassung mit Verletzungen bezahlt. Lars denkt daher intensiv über sein Karriere-Ende nach. Aber eben deshalb wird er für den Gewinn der Europa League erneut alles aus sich herausholen und dies auch genauso von allen seinen Mitspielern verlangen.