Die Suche nach der richtigen Balance Bei Gladbach ist bei weitem noch nicht alles Gold was glänzt
Mönchengladbach · Borussia Mönchengladbach ringt dank Einwechselspieler Marcus Thuram Fortuna Düsseldorf nieder, sucht aber weiter ihren wahren Weg.
Es sei dahingestellt, ob nun Ballbesitz im Fußball das Nonplusultra ist oder ob das Wohl und Wehe eines Spiels vom erfolgreichen Pressing abhängt. Egal – am Ende geht es einzig und allein ums Gewinnen. Auch Marco Rose, der Cheftrainer von Borussia Mönchengladbach, eigentlich ein sehr erfolgreicher Vertreter, ja Verfechter der Variante des permanenten Anrennens mit der schnellen Eroberung des Spielgeräts, haben drei Punkte im Liga-Geschäft immer noch höchste Priorität. Das hat der 43-jährige Fußball-Lehrer oft genug betont. Erst recht, wenn der Sieg im richtigen Augenblick eintritt und wie eine Befreiung wirkt. Ein Paradebeispiel dafür war der hart umkämpfte 2:1-Erfolg am Sonntag gegen die Düsseldorfer Fortuna, in der es für die Mannschaft um Wiedergutmachung ging und um „ein anderes Gesicht“. Denn die Enttäuschung saß nach der Abreibung gegen den Wolfsberger AC (0:4) zum Auftakt der neuen Europapokal-Saison tief bei den Verantwortlichen im Klub, dem Trainer-Stab, den Spielern und Anhängern.
„Dieser Sieg war sehr wichtig für uns. Er ist für alle eine Erleichterung“, sagte der neue Trainer im Borussia-Park nach der Partie, in der die Gastgeber der Heimflaute ein Ende bereiteten und sich nach einer intensiven zweiten Hälfte zudem für ihren Aufwand belohnten. Mit starker Physis und enormem Siegeswillen rangen sie schließlich den Nachbarn im „kleinen rheinischen Derby“ spät, aber nicht zu spät, nieder. Nicht zuletzt war es auch des Trainers glücklichem Händchen zu verdanken, dass er, als die Zeit immer mehr verrann und die Mannschaft nach einer „Auffrischung“ von der Bank lechzte, mit der Einwechslung von Marcus Thuram (67. Minute) goldrichtig lag. Der Sohn des französischen Weltmeisters stemmte sich gleich richtig rein und zog immer wieder die gegnerischen Abwehrspieler auf sich, so dass die Ordnung beim Gegner zunehmend verloren ging. Sieben Minuten später war es dann auch das erste Mal passiert. Nach einem scharfen Pass von Stefan Lainer drückte Thuram den Ball über die Linie. Kurz vor dem Abpfiff vollendete der Joker dann in einer verrückten Strafraumszene sein Werk am kalendarisch letzten Sommertag des Jahres und wuchtete den Ball mit dem Kopf ins Tor. Nach 239 Tagen ohne Heimtriumph war es wieder einmal geschafft, und der Jubel der Gladbach-Fans war groß.
Auch Sportdirektor Max Eberl zeigte sich nach der Begegnung total erleichtert. „Ich gebe zu, mir ist ein Stein vom Herzen gefallen. Es war nicht immer leicht, aber wir haben alles rausgehauen nach der schwarzen Europapokal-Nacht und wollten das Spiel unbedingt noch umbiegen.“ Es funktioniert allerdings beileibe nicht alles vorzüglich, noch ist viel Sand im Gladbacher Getriebe. Am Anfang fühlten sich die Besucher sogar in die träge Vorstellung gegen Wolfsberg zurückversetzt. Fortuna spielte zunächst Katz und Maus mit ihrem Gegner und erzielte die frühe Führung in einer Phase, in der es nicht den Anschein hatte, als seien die Gladbacher imstande, den Heimfluch besiegen zu können. Doch der Gast ließ peu à peu nach. Parallel dazu steigerten sich die Borussen merklich, und dennoch dauerte es, bis es endlich funkte, bis Thuram kam. Er erzielte den Ausgleich, das siegbringende Tor und konnte, begleitet von Begeisterungsstürmen, wie in Köln, wieder die (Eck)-Fahne an sich reißen und mit seinem Trikot wedeln. Beim 1:0 in Köln war Alassane Plea der Derby-Held, nun ist es das Kraftpaket aus Frankreich, das mit seinem Doppelpack dafür sorgte, dass die Stimmung in Mönchengladbach nicht in den Keller gerutscht ist.
Spielerisch ist bei Borussia Mönchengladbach allerdings bei weitem noch nicht alles Gold was glänzt. Die Gladbacher sind unverändert auf der Suche nach ihrem wahren Weg und der richtigen Balance. Ihr Spiel zeichnet nur bedingt eine gewisse Geschlossenheit und Struktur aus und ist immer noch mit Missverständnissen behaftet. Rose: „Wir haben noch viel Arbeit vor uns.“ Dass Zugänge wie Dampfmacher Stefan Lainer, Breel Embolo (zwei Pflichtspiel-Tore) und Marcus Thuram (drei) eingeschlagen haben, ist sicherlich ein Positivum, und die zehn Punkte, die Gladbach auf dem Konto hat, sind auch nicht von der Hand zu weisen und exakt so viele wieder in der vergangenen Saison. Letztendlich war ihre Vorstellung beim 2:1-Erfolg gegen den Nachbarn von Erfolg gekrönt, und Siege sind nun einmal das A und O - und am schönsten.